Wer suchet der findet
Predigt zum 17. Sonntag im Jahreskreis (A)– 1 Kön 3, 5.7-12 und Mt 13, 4-52
Schatz, Perle, Fischnetz und Salomos Wünsche…
Es ist eine Selbstverständlichkeit: Irgendwie träumen wir alle vom Glück. Das Gleichnis vom gefundenen Schatz im Acker, von der gesuchten und gefundenen Perle, lässt uns ein wenig träumen und führt möglicherweise auch ein wenig weg, von dem, was Jesus uns als seinen Zuhörern sagen will. Natürlich ist das Erzählte ein Bild, ein Gleichnis, eine Art Werbespot. Die Rede ist vom Himmelreich – vom Reich Gottes also. Ein religiöser Begriff, den viele nicht mehr auf dem Schirm haben, wie man sagt.
Ich erinnere mich an einen Werbespot im Fernsehen:
Da fährt einer in einem flotten Auto durch eine öde und menschenleere Gegend. Die Ansage im Untertitel: „Ich muss hier weg.“ Eine Staubwolke. Plötzlich bremst das Fahrzeug. Die Textzeile dazu: „Was suche ich?“ Schnitt. Man sieht wie der Mensch mit einer Schaufel im Boden gräbt: „Etwas, das ich nicht sehen kann.“ Schnitt – auf dem Bildschirm in Großaufnahme „eine Parfümflasche“ eines bekannten Labels…
Ein Mensch sucht die Werte seines Lebens. Ob der Kosmetikartikel seine Fragen beantworten kann? Es mag sein, dass man mit dem Begriff des Himmelreiches, des Gottesreiches nicht viel anzufangen weiß. Aber jeder, jede von uns sucht nach Werten, nach Verlässlichkeiten, nach etwas, das trägt, das man vielleicht nicht sieht, aber sehr wohl erfahren kann. Vielleicht suchen wir – wie der Kaufman mit seiner Perle nach einem erfüllten Leben überhaupt? Nach einer Sinnhaftigkeit des Daseins. Es muss ja nicht gleich der Riesenschatz sein… Im Grunde spricht Jesus damals – wie heute im Motiv der Schatzsuche zwar vom Himmelreich, aber in einer allgemein verständlichen Art und nicht in einer religiösen Lehre mit Definitionen oder Formeln. Da ist auch keine moralische Forderung. Das Bild schildert einfach eine Lebenssituation. Und es präsentiert, wie ich meine, weniger eine Musterlösung als eine Aufgabenstellung. Es ist kein Fertiggericht auf Bestellung, sondern ein Anstoß zum Selbermachen, ein Augenöffner zum Nachdenken.
Das, was Jesus anstoßen möchte und was ich gerne aufgreife, ist die Suche nach der offenkundig verborgenen Wirklichkeit Gottes in unserem Leben. Die Erfahrung Gottes und seiner Nähe könnte der Schatz des Lebens sein, der uns ein wenig Glück und Zuversicht auf unseren Lebensweg mitgibt. Ich höre aus der Erzählung Jesu auch die feste Zusage heraus, dass im harten Boden des Alltages etwas vergraben liegt, das zu suchen sich lohnt. Und ich entdecke Anstöße als Hilfen, die ermutigen, den Lebensacker gewissenhaft zu bearbeiten, weil da etwas zu finden ist, oder die Suche nach der kostbaren Perle zu beginnen.
Da ist die rechte Form des Hinschauens, der Wahrnehmung. Achtsamkeit ist nicht nur ein Modewort unserer Tage – vielleicht, weil uns diese Gabe abhandengekommen ist? - Nur wer den Acker geduldig und aufmerksam abschreitet und bearbeitet, der kann auch die Spuren des Besonderen wahrnehmen. Manchmal ist eine Begegnung mit der Natur oder einem Menschen, eine Idee, ein kleines Wort oder eine noch so kleine Blüte nicht deshalb wertlos, weil sie unspektakulär, leise oder bescheiden daherkommen. Es braucht den Scharfblick für das Verborgene, Unterschätzte, und den Mut, Gewohnheiten und Vorurteile zur Seite zu schieben, damit man das Wertvolle finden kann.
Wer diese Chancen nicht verpassen will, braucht den Mut zur Entscheidung. Hier und Jetzt – so lautet der Anspruch: Jeder Augenblick ist ein Moment der vergehenden Lebenszeit. Klar: Es ist unmöglich im Leben alle möglichen Optionen durch zu spielen, um so vermeintlich auf der sicheren Seite zu sein. Wagnis und Mut zum Risiko, vor allem aber Vertrauen helfen, nach dem Entdecken des Lebensschatzes, den Lebensacker also das eigene Dasein auch zum „Eigenen“ zu machen. Da hilft der Vorschuss an Vertrauen, der auf Gott baut, weil er sich als treu erwiesen hat, wie die Geschichte Jesu und vieler anderer Glaubender erzählt.
Und noch ein Anstoß: Es ist das, wir hörten davon in der Lesung, was König Salomon – im Übrigen auch einer, der fast märchenhaft einen Wunsch frei hat, um seinen Lebensschatz zu finden –, sich von Gott erbittet: Klugheit, Weisheit, ein hörendes Herz. Beständigkeit, in der Entscheidung vertrauend verharren, in der Beziehung auch mit Gott bleiben… Jesus sagt: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“ (Joh 15,5). Man muss klug und geduldig dranbleiben, lebendig bleiben, gewonnene Eckpunkte und Erkenntnisse ausbauen und weiterentwickeln. Sonst ist man in der Gefahr, alles wieder zu verlieren. Leben und Glauben verdunsten und lösen sich in Nichts auf, wenn man nicht an ihnen dranbleibt.
Was könnte er also sein, der Schatz, oder die Perle, von denen Jesus spricht? Der Weg in die Wirklichkeit des eigenen Lebens, der Weg in den Sinn der eigenen Lebensplanung? Es ist mehr als nur eine Vermutung, dass da der Schatz zu finden ist, die Lebensbestimmung, die Berufung, die Zukunft, Menschen, Liebe… und nicht zuletzt Gottes Nähe…
Da ist noch etwas: Letztlich – und das sagt mir das dritte dieser Gleichnisse – wird Gott selbst und seine Engel sich das alles anschauen und entsprechend sortieren. Dieser Gedanke tröstet, weil er mich entlastet. Er macht mir aber auch klar, dass ich meine Lebenszeit und meine Gaben nicht verschleudern darf.
Sehen Sie, ich sag’s mal für mich selbst: wenn ich ehrlich und mutig und klug mit meinem Lebensschatz umgehe, dann darf ich auch darauf vertrauen, dass es so gut ist. Und ich darf mich daran freuen, denn es ist vor allem die Freude, die motiviert. Was will ich mehr? Was wollen wir mehr?
Seien Sie im Segen Gottes und bleiben Sie behütet! Ihr P. Guido