Predigt zum 2. Fastensonntag – C – Gen 15,5-12.17-18; Phil 3,17-4,1 und Lk 9,28b-36
Es ist eine mehr als faszinierende Szene, die uns das Lukasevangelium heute erzählt. Eine solche Geschichte kann man nicht erfinden; dafür hat sie einen zu guten „Plot“, wie Regisseure sagen. Und erklären kann man sie so recht auch nicht. Es ist ja Gott am Werk! Dennoch ist es im Hintergrund auch der Evangelist, ist es Lukas, der in dieser Szene uns allen und vor allem seiner Gemeinde etwas mitgeben möchte. Es ist wieder sein ganz spezieller Blick, seine Perspektive, die offenlegt, was Glauben behindert, besser, was Glauben befördert. Hier ist es die Gestalt des Petrus, symbolisch für die Gemeinschaft der Jünger und so auch der Kirche. Natürlich sollten wir die anderen, die Donnersöhne, wie sie im Johannesevangelium genannt werden, nicht aus den Augen verlieren. Sie sind mit Jesus auf den Berg, sprich in die Nähe Gottes gegangen. Und jetzt, überwältigt von dem, was ihnen da vor Augen steht: „Meister, es ist gut, dass wir hier sind.“ Das will er festhalten. „Wir wollen drei Hütten bauen, …“ (Lk 9,33). Das ist Petrus. Das sind auch die beharrenden Kräfte in der Gemeinde, in der Kirche. Die Gefahr: Festhalten wollen verschließt und verhindert Öffnung.
Dann aber die Wolke. Noch so ein Bild. Die Wolke, die Gottes Volk begleitet. Davon erzählt der Wüstenweg Israels (vgl. Ex 14,20 u.a.). Eine Stimme aus der Wolke. Und sie sagt: „Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“ (Lk 9,35). Dieser Moment bereitet nur die Augenblicke des Lebens vor, die bald kommen werden. Am Fuß des Berges wartet der Leidensweg auf Jesus. Und Petrus, der Mann des schnellen und vielleicht unbedachten Wortes, hat dann schon längst wieder vergessen, dass er auf Jesus hören soll, auch in den Situationen des Zweifels und der Anfechtung. Im schlimmsten Augenblick behauptet er ja dann sogar, Jesus gar nicht zu kennen. Ja, dieser Petrus steht stellvertretend wirklich für die Kirche. Auch für uns. Auch heute.
Der Plot der Verklärung, diese großartige Szene ist nicht da, um die Jünger zu beeindrucken. Gott erleuchtet, damit im Herzen ankommt: „…auf den sollt ihr hören“ (Lk 9,35). Immer und nicht nur im Licht. Besonders dann, wenn Dunkelheit droht, sollen wir hören, was er sagt: Vertraut auf Jesus! Er geht mit! Er ist nahe!
So geht Glaube, der im Herzen lebt. Glaube ist, wenn wir nicht fürchten zu verlieren. Glaube ist, sich öffnen für die Nähe Gottes. Das ist Aufgabe für Petrus und auch für uns, wenn wir bei Jesus sind. Petrus ist nicht bei ihm, sondern bei sich. Eine der größten Sünden ist das: Allein bei sich zu sein. Dann verliert man die Verbindung zu Gott. Wer nur bei sich ist und bleibt, der verliert sich auch selbst. Gehalten werden wir, wenn wir uns öffnen und fragen: Was will Gott von mir? Weil er mir mit dem, was er will, helfen möchte.
Gott schickt Klarheit. Klarheit kann erschrecken. Auf dem Berg erschrecken die Jünger und fürchten sich. Gottes Trost ist es, dass er sagt: „Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“ (Lk 9,35). Gott ist da, das sagt uns Lukas, das sagt er dir und mir und seiner Ge-meinde, der Kirche. Gott ist da im erhellenden Licht und auch dann, wenn es dunkel wird. Du brauchst kein anderes Licht, du hast doch Jesus und in ihm Gott.
„Wer glaubt, zittert nicht!“ sagt der heilige Papst Johannes XXIII.
Die hellen Zeiten im Leben gibt es, damit wir auch die dunkleren bestehen. Gott zeigt sich uns manchmal im Licht und in Klarheit, damit wir in der Dunkelheit nicht meinen, er sei nicht da oder weg. Die hellen Momente kann man aber nicht festhalten.
Wer sein Leben anschaut, erkennt darin Momente, in denen man seufzt: Mein Gott, wie schön. Und dazu viele andere, in denen man klagend geseufzt hat: Mein Gott, warum ist das so? Nun, es kommt darauf an, wie wir die Haltung nicht verlieren, die empfiehlt: Geduldig und treu zu bleiben. Geduldig zu sein, bis man Gott wieder vernimmt und erkennt. Ich erinnere mich an jemand, der mir bei einem Besuch erzählte, wie er über lange Zeit einen geliebten Menschen pflegte. „Und dann am Abend“, so erzählte er, „bevor ich mich ins Bett legte, habe ich drei ‚Gegrüßet seist du Maria‘ gebetet, und ‚Maria mit dem Kinde lieb‘ und ich konnte schlafen und wieder für meine Frau da sein… Jeden Tag, bis er meine liebe Anna dann heimgerufen hat.“
Wer nur ans eigene Licht glaubt, hat schnell Probleme, wenn’s dunkel wird. Wer aber sich selbst nicht überbewertet, wird im Dunkeln auch nicht zu schwarzsehen. Dem liebenden Herzen genügt das kleinste Licht. In Jesus ist dieses Licht in uns. Gott selbst hat uns im Licht des Ostermorgens die Fülle des Lebens geschenkt. Es gilt immer: „…auf ihn sollt ihr hören“ (Lk 9,35). Damit beginnt der Glaube. Vertrauen wir also auf die Nähe des Herrn.
Ihnen eine gesegnete österliche Bußzeit und bleibt behütet!
Ihr P. Guido