Und wie muss eine missionarische Gemeinschaft in unserer Zeit aussehen?
Predigt zum 15. Sonntag im Jahreskreis – B – Am 7,12-15; Eph 1,3-14 u. Mk 6,7-13
Irgendwo las ich diese kleine Geschichte:
Ein Missionar kam nach langer, langer Zeit in seiner Missionsstation mit dem Flugzeug wieder in sein Heimatland zurück. Am Flughafen holte ihn der von seiner Gemeinschaft mit der Koordination der Missionsarbeit beauftragte Mitbruder ab. Als der Missionar aus dem Flugzeug stieg, war da eine große Menschenmenge, die laut jubelte und mit Applaus nicht sparte. Überrascht und gerührt reagierte der Missionar. Nur, dass der Empfang der Menge nicht ihm, sondern einer berühmten Musikband galt, die von einer erfolgreichen Tournee heimkehrte. Enttäuscht wandte er sich an seinen Mitbruder und sagte zu ihm: „Eigentlich müssten wir Missionare auch so enthusiastisch begrüßt werden, wenn wir nach der Anstrengung lebenslanger Missionsarbeit nach Hause kommen.“ – Da antwortete sein Mitbruder: „Aber du bist doch noch gar nicht zu Hause!“
Ja, der Weg des Auftrag Jesu geht weiter, bis wir einmal bei ihm ankommen werden.
Als Christen sind wir wie die Jünger mit Jesus durch die Zeiten unterwegs. Der missionarische Auftrag des Herrn: Bringt Gott, wie ich selbst es mache, neu ins Wort und vor allem in die Herzen der Menschen! Ich gebe euch „Vollmacht“ als Heilskünder und Heilskünderinnen! Der heilige Franziskus sagte es zu seinen Brüdern, die er aussandte, einmal so: „Verkündet das Evangelium, und wenn es sein muss, auch mit Worten!“
Schauen wir auf die Apostel. Sie sind mit Jesus unterwegs und bei ihm sehen sie, wie er den Menschen die Nähe Gottes kündet. Da war der Gelähmte, dem er die Sünden vergab und der dann mit seiner Trage wegging, und jener, dessen verdorrte Hand am Sabbat in der Synagoge geheilt wurde. Zuschauer sind die Jünger, Beobachtende. Sie erfahren, dass Jesus Ablehnung erfährt. Sie hören seine Worte von der neuen Gemeinschaft, der neuen Familie: „Wer den Willen Gottes tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter“, sagt der Herr. Sie hören wie Jesus Geschichten, Gleichnisse aus dem Lebensalltag erzählt, um Gottes Wirken zu erläutern. Hin und her wandert er. Am See Genezareth und auch über den See. Beim Sturm auf dem See vergessen sie, dass Jesus ja mit ihnen im Boot ist, als sie ihm anklagend zurufen, ob er sie untergehen lassen wolle. „Habt ihr noch keinen Glauben?“ so fragt sie Jesus. Wie oft haben sie Jesus nicht verstanden! Wie war das nochmal mit dem Mann, in dem das Böse das Leben unmöglich machte – er hauste in den Gräbern –, Jesus hat ihn geheilt. Die Jünger sind mit Jesus im Gedränge und sehen die Heilung einer Frau mit quälenden Blutungen, die Totenerweckung der Tochter des Jairus. All das sehen die Jünger. Beobachten, wahrnehmen, zuschauen, das ist ihre Rolle. So werden sie von Markus geschildert. Sie sind Auszubildende. Und sie werden auch damit konfrontiert, dass die Menschen in seiner Heimatstadt Nazareth wie zugenagelt sind und über Jesus nicht zum Glauben kommen und nicht Gottes Heil erfahren. „Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria...?“ Davon hörten wir letzten Sonntag. Und jetzt, jetzt ist das Zuschauen vorbei. Jetzt sendet er sie. –
Ihre Mission damals und heute nicht weniger: Ihm den Weg bereiten. Nicht sie sind Heilsbringer. ER ist es. IHN und Gottes Nähe sollen sie weitertragen, sichtbar machen.
Und da sind Hinweise, Regeln, die Jesus den Jüngern nennt, Hilfen auch für sie selbst, sich über Glauben und Gott und sich selbst klar zu werden. Markus schreibt sie auf, reflektiert sie in seiner Gemeinde und gibt sie weiter auch als Worte für uns:
- Keiner soll allein sein auf dem Weg der Liebe - er sendet sie zu zweit. Das Stichwort heißt auch für die Gemeinschaft der Jünger und Jüngerinnen heute, für die Kirche also: Missionarische Gemeinschaft. Und wie muss eine missionarische Gemeinschaft in unserer Zeit aussehen? Darüber müssen wir reden.
- Er gibt Vollmacht - nicht über Personen und Menschen, sondern über das Böse. – Die Frage heißt: Was bedeutet Vollmacht zum Heil von Gott gegeben für uns als Gemeinde? Wir als Kirche haben nicht übereinander zu bestimmen, sondern miteinander das Böse zu bekämpfen! Und was ist dieses Böse heute?! Nehmen wir die Vollmacht Jesu an?
- Sandalen sollen sie tragen - also im Gegensatz zum damals üblichen Barfußgehen sollen sie einigermaßen sicheres Schuhwerk haben, um immer unterwegs sein zu können. – Missionarische Gemeinschaft, Kirche ist dem Aufbruch – dem Unterwegs-Sein verpflichtet. Heute sind wir Gottes Volk in der Wüste dieser Zeit, wie damals das von Mose geführte Volk Israel.
- Nur das Notwendigste sollen sie bei sich tragen, um ungebunden zu sein. – Wir erleben derzeit das Schrumpfen der Gemeinden. Wir werden weniger und sind doch abhängig von vielen Dingen, zu vielen und großen Gebäuden, auch Kirchen. Auch innerlich gibt es Abhängigkeiten, die den Auftrag Jesu, wirklich auf Gott zu vertrauen, verhindern.
- Einen Stab zur Hilfe als Zeichen des Unterwegsseins und -bleibens – kein Zepter, keine Macht steht der Gemeinschaft der Jünger und Jüngerinnen zu. Aber wir dürfen den Staub von den Füßen schütteln, wenn man uns nicht hören will. Auf Lob und Applaus sollten wir nicht setzen, wirklich nicht. -
- Übliche Sicherheiten sind untersagt, deshalb kein Brot, keine Vorratstasche, kein zweites Hemd und vor allem kein Geld. – Wir sind ängstliche Menschen. Wir sind bedacht auf Vorsorge und Sicherheit. Dabei wissen wir: Vorratswirtschaft schafft Abhängigkeiten, die problematisch werden können und dem Auftrag entgegenstehen können.
Das Wichtigste: Vertrauen auf Gott soll uns tragen.
Friedolin Stier übersetzt die letzten Worte des heutigen Evangeliums so:
„Und so zogen sie hinaus und verkündeten: es heiße umkehren. Auch viele Abergeister trieben sie aus, salbten viele Kranke mit Öl und machten sie Heil.“
Das ist und bleibt der missionarische Auftrag des Herrn. Wir müssen begreifen: Durch die Jünger, durch uns sendet von Jesus her Gott seine befreiende Botschaft und sein Heil. Erst wenn wir bei IHM miteinander ankommen, dann sind wir wirklich zu Hause und am Ende des Pilgerweges zur Ewigkeit in Gott.
Seien Sie so in der Liebe Gottes gesegnet und behütet! Ihr P. Guido