Predigt zum 1. Fastensonntag – C – Dtn 26,4-10; Röm 10,8-13 u. Lk 4,1-13
Da stehen bei einem Empfang ein paar Leute beisammen, ein Gläschen in der Hand, und unterhalten sich. Einer sagt zum anderen: „Ach, Sie sind Christ?! Interessant... Und was macht man da so?“ Und alle schauen, allerdings nur mäßig gespannt, auf den Gefragten und warten auf seine Antwort.
Der Karikaturist Thomas Plaßmann hat diese kleine Szene mit spitzer Feder treffend festgehalten. Sie passt gut in unsere Zeit und Gesellschaft, in der es nicht mehr selbstverständlich scheint, Christ zu sein, und schon gar nicht, diesen Glauben bewusst und aktiv zu leben. „Ach, sie sind Christ?! Interessant...und was macht man da so?“
Dennoch: Obwohl es vielen nicht mehr bewusst ist, prägen christliche Wertvorstellungen nach wie vor unsere Gesellschaft. Allerdings: Sichtbarer Glaube – und wenn es der regelmäßige Gottesdienstbesuch ist oder das Tischgebet zu Hause oder das Kreuzzeichen vor dem Essen im Restaurant –, stößt häufig zumindest auf Befremden, manchmal auf offene Ablehnung. Religion, Kirche, Glaube, so heißt die Botschaft, das ist Privatsache. Und viele Christen sehen das auch so. Es ist doch viel bequemer, seinen Glauben im stillen Kämmerlein zu leben und ansonsten in den Strömungen der Zeit mitzuschwimmen. Wenn unsere Gesellschaft auch rücksichtsloser und unsozialer wird, der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Arbeitsprozess und auch sonst immer weniger eine Rolle spielen darf, weil die Macht des Geldes und der Wirtschaft herrschen, wenn die Ausgrenzung von tatsächlich Hilfsbedürftigen zunehmend Praxis wird, weil man Ängste vor Verzicht hochspielt..., - man zuckt mit den Schultern, was kann ich als kleines Licht da schon machen?
Ist es nicht an der Zeit, dass auch wir Christen wieder deutlicher sagen, wofür wir stehen und was wir von unserer Gesellschaft erwarten? Dahinter steckt die Frage: „Was will ich vom Leben und wie weit bin ich bereit, mich einzubringen?“
Müssen wir nicht als Christen überzeugender die Stimme erheben für das christliche Verständnis von der Würde jedes Menschen, für die Bedeutung des Glaubens für eine zukunftsfähige Gesellschaft und ein gelingendes Leben. Und es braucht die Tat: Nicht zuerst die anderen, sondern wir selbst als Christen sind gefordert, uns zu ändern und unsere Gesellschaft mutig mitzugestalten. Dann schaffen wir auch schwierige Situationen und: Nur so kann man auch hetzerischen Parolen effektiv entgegentreten.
„Ach, sie sind Christ?! Interessant...und was macht man da so?“
Nun, die Fastenzeit, die jährliche Besinnung vor Ostern, ist hier eine Hilfe. Was macht mein Leben als Christ aus? Wie gibt der Glaube meinem Leben Profil? Wo und wie stehe ich, wenn christliche Werte und Überzeugungen geringgeachtet werden? Bin ich mir bewusst, welche Überzeugungen das überhaupt sind? Wann habe ich zuletzt darüber nachgedacht? Und wenn ich zu denen gehöre, die schweigen: Woran liegt es?
„Ach, Sie sind Christ?! Interessant... Und was macht man da so?“
Das Evangelium der Versuchungen Jesu legt eine Spur. Denn die 40 Tage in der Wüste waren auch für Jesus eine Zeit der Klärung und Vergewisserung über seine Person, seinen Auftrag und sein Vorgehen. Bei seiner Taufe im Jordan hatte er die überwältigende Erfahrung gemacht, dass er ausdrücklich und vernehmlich als Gottes Sohn angesprochen und bestätigt wurde. Aber was bedeutete das nun für sein Leben? Wie sollte er diese Sohnschaft in seinem menschlichen Leben konkret sichtbar machen? Wofür wurde er gebraucht in dieser Welt? Wie sollte er die Macht und Stärke, die ihm als Sohn Gottes gegeben war, einsetzen? Wir unterschätzen meist die menschliche Seite Jesu mit all den Fragen, die wir selbst gut kennen. Die Versuchungen stehen für diese Lebensfragen: Was sagen sie uns?
Ein Erstes: Grundsätzliche Fragen unseres Lebens können wir nicht im Getriebe des Alltags, sozusagen nebenher beantworten. Die Zahl 40 begegnet uns in der Bibel häufig als Symbol für eine von Gott bestimmte heilige Zeit. Und die Wüste gilt in der Bibel als ein Ort, an dem Menschen zu sich kommen, weil sie ihre Grenzen erfahren, aber auch Gott begegnen. Genau deshalb spricht Lukas auch davon, dass der Geist Jesus in die Wüste führte. Die 40 Tage der Fastenzeit können auch für uns solche Wüstentage werden, die zum Erkennen unseres Weges führen.
Ein Zweites können wir lernen: Der Weg zur Klärung führt über das Erkennen, dass Gott und sein guter Wille und seine Berufung für uns Priorität haben müssen. Der Trick des Versuchers, den er immer wieder benutzt: Er setzt genau da an. Er blendet die Beziehung zu Gott aus. Wenn DU Gottes Sohn bist, also Gott gleich, dann handle als Gott. Jesus erkannte: Es ist nicht meine Berufung, eine Art „göttlicher Superman“ mit übernatürlichen Kräften zu sein. Wie Jesus sind auch wir genau in unserer Berufung als Christen angefragt! Nur im Bund mit Gott und seinem guten Willen können wir die Probleme miteinander angehen und lösen. Auch die zweite Versuchung liegt auf dieser Ebene: Die Macht über die Welt und andere Menschen an sich zu ziehen, ist die Anbetung des Teuflischen, des Dunklen, des Bösen. Nur wenn wir wie Jesus auf Gottes Liebe vertrauen, die Macht ablehnen und die Würde des anderen achten, steht am Ende durch den Tod hindurch das Leben. Auch bei der dritten Versuchung soll Jesus seine Beziehung zu Gott verleugnen, indem er ihn auf die Probe stellt und nicht wirklich vertraut und auch seine Liebe in Frage stellt.
„Ach, Sie sind Christ?! Interessant... Und was macht man da so?“- Jesus sagt es uns: Gott und der Beziehung zu ihm gehört die höchste Priorität. Das JA zu Gott öffnet uns den je eigenen Weg und führt zu einem erfüllten Leben. Sie sagen: „Da bin ich skeptisch, ob das stimmt.“ Ich frage: „Warum haben Sie es noch nicht versucht? Jetzt ist die Zeit dafür!“
Ich wünsche eine gesegnete Fastenzeit und bleibt behütet!
Ihr P. Guido