Predigt zum Fest der Verklärung des Herrn – A – 2 Petr 1, 16-19 und Mt 17, 1-9
Vom Schriftsteller Antoine de Saint Exupéry stammt das folgende Wort:
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Dieses Wort kam mir bei der Betrachtung des Evangeliums vom Fest der Verklärung des Herrn in den Sinn. Warum? Nun, was Matthäus als Geschehen auf dem Berg Tabor schildert, markiert eine ganz wichtige Stelle im Leben Jesu. Voraus geht der galiläische Frühling, die erste Zeit des Wirkens Jesu. Die Menschen waren auf ihn aufmerksam geworden. Jünger hatten sich um ihn gesammelt. Menschen waren geheilt worden. Viel Volk lief ihm nach. Dann aber folgen Enttäuschungen. In seiner Heimatstadt Nazareth stieß er auf Ablehnung (Mt 13,54-58). Die Menschen wandten sich ab von ihm. Zum ersten Mal sprach er von seinem Tod und davon, dass auch seine Jünger das Kreuz tragen würden (Mt 16,13-28). Sein Blick richtet sich nach Jerusalem. Genau an diesem Zeitpunkt, der Wende vom galiläischen Frühling zum Leidensweg in Jerusalem, steht das, was das heutige Evangelium erzählt. Die Jünger haben die erwähnte Entwicklung auf dem Weg Jesu ebenso wie er erfahren. Wie erging es Jesus? Wie erging es den Jüngern? Was braucht es in einem solchen Moment? Es bedarf der Ermutigung und eines starken Impulses, um die Motivation für den weiteren Weg aufrechtzuerhalten und neu anzustoßen.
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Die „Sehnsucht“, das ist der Schlüssel.
Jesus nimmt drei aus der Gruppe der Jünger, Petrus, Jakobus und Johannes, mit auf einen hohen Berg. So heißt es in unserem Text. Es ist der Tabor, auf den er sie führt. Der Tabor ist nicht wirklich ein „hoher Berg“, aber das ist hier unwichtig. Der Berg. Immer sind Berge Orte besonderer Gottesbegegnung. Dort ist man dem Himmel näher. Hier geschieht, was im 2. Petrusbrief von seinem Verfasser so bekräftigt wird: „Denn wir sind nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt, als wir euch die machtvolle Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, verkündeten, sondern wir waren Augenzeugen seiner Macht und Größe. Er hat von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit empfangen; denn er hörte die Stimme der erhabenen Herrlichkeit, die zu ihm sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe. Diese Stimme, die vom Himmel kam, haben wir gehört, als wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren“ (2 Petr 1,16-18). Was auf dem Tabor geschieht, erzählen die Evangelisten Matthäus und Markus (vgl. Mk 9,2-10). Das Göttliche in Jesus leuchtet auf. Mose und Elija sind sichtbar – Mose steht für die befreienden Weisungen Gottes und Elija für die prophetische Verheißung. Das heißt: Gottes Heilswillen verdichtet sich in Jesus: Gesetz und Propheten des Gottesbundes bekennen sich zu ihm. Die Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen läuft auf ihn zu.
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“
Die Perspektive ist die Weite Gottes, ist die Vollendung in ihm, ist das Leben in Fülle und Herrlichkeit. All das, was sich in der Auferstehung Jesu vollendet und was denen verheißen ist, die mit Jesus auf dem Weg zum Vater im Himmel sind. Die Sehnsucht wird gestillt.
Es wirft die Jünger buchstäblich um. Sie begreifen nicht wirklich. Petrus will das Überwältigende festhalten: „Herr es ist gut, dass wir hier sind“ stammelt er. Aber mit einem Hüttenbau ist die Gnade nicht festzuhalten. Die Weite und die Lebensfülle Gottes kann man nur dankbar annehmen. Gott selbst gewährt sich den Menschen. Aus der Wolke, neben dem Berg ein weiteres Bild der ungreifbaren Nähe Gottes, hören sie seine Stimme. Er verweist auf Jesus. Auf ihn sollen sie hören, ihm sollen sie folgen, wohin auch immer. Gott ist mit Jesus und mit ihnen auf dem Weg. Darauf dürfen sie felsenfest vertrauen.
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“
Der Gnadenmoment geht vorbei. Sie dürfen nicht auf dem Berg bleiben. Sie müssen wieder hinab in die Ebene, in den Alltag, auf den Weg nach Jerusalem. Sie gehen in der Gemeinschaft der Jünger mit Jesus weiter.
Das Göttliche, das Heil leuchtete durch das Dunkel der Ungewissheit, durch das Dunkel des Kreuzes. In der Kraft dieser Erfahrung geht Jesus seinen Weg weiter.
Die drei Jünger, die mit auf dem Berg waren, folgen ihm. Sind sie neu motiviert? Ihnen wird erst nach Ostern klar werden, was dieser Augenblick des Lichts und der Nähe Gottes bedeutet: Verheißung der Auferstehung durch den Tod hindurch, Verheißung der Vollendung nach aller Mühsal der Nachfolge, Ermutigung auch für den Weg des Leidens. Sie werden bis zum Tod als Zeugen Christi diese Gewissheit in sich tragen und weitergeben.
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“
Auch wir brauchen immer wieder auf dem Weg unseres Glaubens und Lebens die Ermutigung. Ja, auch unser Lebens- und Glaubensweg kennt diese Erfahrungen. Momente, wo wir ganz erfüllt sind von der Nähe Gottes, von der Weite und Fülle des Lebens. „Es ist gut, dass wir hier sind“, stammelt Petrus auf dem heiligen Berg. Gerade in Zeiten, wo Dunkelheit und Ängste, wo Verwirrungen und Zweifel Gottes Nähe nur ahnen lassen, müssen wir uns an diese Gnadenmomente erinnern, müssen wir sie als Licht der Hoffnung in uns lebendig halten. Vertrauen wir darauf: Der Herr lehrt uns die Sehnsucht nach dem weiten und endlosen Meer der Liebe Gottes. Und nur durch ihn wird sie tatsächlich gestillt.
Die Drei mit Jesus erhalten von ihm den Auftrag, erst nach der Auferstehung des Menschensohnes vom Gesehenen zu erzählen. Das heißt auch für uns, dass die Ermutigung und die Motivation des Glaubens nicht von Jesus Christus zu trennen sind. Es sind keine klug ausgedachten Geschichten. Er selbst steht vom Vater her und bei ihm für unser Leben ein.
Seien Sie so gesegnete und behütet auf dem Weg des Glaubens! Ihr P. Guido