Zur Zukunft unserer Immobilien


Seit April 2024 hat, wie berichtet, eine von PGR und Verwaltungsrat mandatierte Arbeitsgemeinschaft (AG) aus Ehren- und Hauptamtlichen unserer Pfarrei unter Begleitung von Mitarbeitern des Bischöflichen Ordinariats in Limburg über die Zukunft der 19 Immobilien der Pfarrei beraten. Ziel der AG war es, den pfarrlichen Gremien, also PGR und Verwaltungsrat, ein für die Zukunft tragfähiges Konzept vorzulegen.
Die AG hat über Monate die einzelnen Kirchorte besucht und über die aktuelle Nutzung wie die Zukunftsaussichten beraten. Zurückgegriffen hat sie dabei auf die Ergebnisse der Phase 1 des KIS-Projekts, das die Erhebung aller Immobilien des Bistums zum Ziel hatte. Ferner wurden in Vorbereitung der AG-Tätigkeit die Nutzungen der einzelnen Gebäude erhoben.
Hintergrund des KIS-Projekts

Den Hintergrund des Projekts "Kirchliche Immobilien-Strategie" (KIS) bildet die nachlassende Kirchenbindung in der Bevölkerung. Gehörten dem Bistum Limburg Anfang der 80er Jahre noch 950.000 Katholiken an, waren es Ende 2024 nur noch etwas über 500.000 - trotz massiver Einwanderungswellen aus katholischen Ländern wie Polen, Italien oder Kroatien, die dazu geführt haben, das unter den Limburger Katholiken inzwischen 30% einen Migrationshintergrund haben.
Die 500.000 Katholiken des Bistums wiederum nutzen die Angebote der Pfarreien nicht mehr annähernd im gleichen Maß, wie es in den 80ern noch gewesen ist. Es gibt weniger Gruppen, Chöre, Kreise und Verbände, die kirchlichen Pfarrheime nutzen und viel weniger Menschen besuchen noch die Sonntagsgottesdienste.
Die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland haben 2019 eine Studie vorgestellt, wonach bis zum Jahr 2060 die Zahl der Kirchenmitglieder nochmals um 49% sinken wird. Diese Zahl wird inzwischen noch als optimistisch angenommen.
Die zurückgehende Zahl an Gläubigen ist schon ein Schmerz und ein Verlust an sich, sind wir doch eine Gemeinschaft, die darauf setzt, eine breite Masse von Menschen anzusprechen und für den Glauben zu begeistern. Sie führt aber auch ganz nüchtern betrachtet zu einem erheblichen Rückgang an Kirchensteuereinnahmen und Spenden. Die zurückgehende Nutzung der Angebote und des Gottesdienstbesuchs ist nicht weniger traurig, führt aber auch dazu, dass viele Pfarrheime häufig leerstehen und Kirchen kaum noch gefüllt werden.
Zur Sicherung der Zukunft führt daher kein Weg an Überlegungen vorbei, wie wir auf diese - von uns kaum beeinflussbaren - Entwicklungen so reagieren können, dass wir auch in Zukunft in unserer Pfarrei ein lebendiges Zeugnis unseres Glaubens geben können und was wir dafür an Ressourcen (neben Personal, Finanzmitteln eben auch Immobilien) wirklich brauchen.
Entwicklung mit langem Vorlauf
Was im vorigen Abschnitt angedeutet wurde, ist im Prinzip eine lange bekannte Entwicklung, schon der vorausgegangene Prozess "Sparen und Erneuern in Kirchengemeinden" (SpEK) in den Nuller-Jahren basierte letztendlich darauf, dass man angesichts der Altersstruktur, des weitergehenden demografischen Wandels sowie zunehmender Säkularisierungsprozesse von einem starken Rückgang des kirchlichen Lebens und der Kirchenmitgliedschaftszahlen ausgehen müsse.
Letztendlich aber hat sich im Rahmen des SpEK-Prozesses nach außen hin wenig verändert: Es sind zwar Gebäude von der Bezuschussung durch das Bistums ausgenommen worden (in unserer Pfarrei waren das die Gemeindehäuser in Nistertal und Hattert, sowie die Kapellen in Merkelbach und Norken), aber das wurde durch Fördervereine sowie Umschichtungen im Pfarreihaushalt ausgeglichen, so dass die Gebäude bis heute weiter genutzt werden. Ebenso lief es in den meisten anderen Pfarreien des Bistums. Dabei kam den Pfarreien zugute, dass die Kirchensteuermittel immer weiter stiegen, obwohl die Kirchen weiter massiv Mitglieder verloren. Das lag an der wirtschaftlichen Entwicklung, die ein höheres Einkommenssteueraufkommen mit sich brachte und damit auch höhere Kirchensteuereinkünfte.
Es war aber immer klar, dass diese Entwicklung nicht auf immer würde andauern können. Und dann würde man eben nicht mehr mit Umschichtungen im Haushalt oder sprudelnden zusätzlichen Einnahmen arbeiten können. Dieser Moment ist nun gekommen.
KIS ist ein "Karsamstags-Moment" für die Pfarrei
Für uns als Pfarrei ist das dennoch ein schmerzhafter Prozess, denn es bedeutet, dass wir Abschied von dem nehmen müssen, was wir bislang gewohnt waren. Kirchliche Gebäude, ob nun die Kirchen selbst oder die Gemeindehäuser sind nicht einfach nur Steine: Sie haben eine emotionale Bedeutung, sie sind mit dem verbunden, was wir in und um diese Gebäude erlebt haben. Die Kirchen, als geweihte heilige Orte sind verbunden mit den Erinnerungen an Taufen, Erstkommunionen, Firmungen, Eheschließungen und Trauungen, aber auch an viele besondere Gottesdienste, die wir dort gefeiert haben. Die Gemeindehäuser als Orte des Austauschs, des Lernens, des Feierns sind ebenson mit entsprechenden Erinnerungen verbunden. Bei jüngeren Gebäuden kommt dazu, dass man oft noch selbst Erinnerungen an die Bauzeit hat, vielleicht dabei selbst beteiligt war oder gespendet hat.
Davon Abschied nehmen zu müssen schmerzt und ist ein Moment der Trauer.
Es ist vielleicht ein bißchen so, wie der Karsamstag ist: Ein Tag der Leere und der Zerstreuung, womöglich auch der Hoffnungslosigkeit. Daran erinnern an diesem Tag die leeren Kirchen und die nicht gefeierten Gottesdienste. Aber der Karsamstag als Tag der Grabesruhe ist nur an der Oberfläche ein Tag des Nichts. Im Hinabsteigen Jesu in das Reich des Todes liegt die Begründung von Ostern bereits verborgen. Während in der Welt die Hoffnungslosigkeit präsent ist, wächst im Verborgenen schon die neue Hoffnung heran. Von diesem Gedanken und dieser Parallele können auch wir uns leiten lassen. Ein Ende von Gebäuden ist nicht das Ende unserer Gemeinschaft. Wenn wir wollen, dass es mit der Verkündigung des Evangeliums weitergeht und wir uns weiter für die Sache und Botschaft Jesu in der Welt einsetzen wollen, werden wir auch einen Weg finden, wie wir das in Zeiten knapperer Ressourcen schaffen werden. Auch dann werden wir nebenbei bemerkt immer noch sehr viel mehr Möglichkeiten haben, als die weitaus meisten Gemeinden in der ganzen Welt jemals besessen haben.
Wie die AG KIS gearbeitet hat
Die KIS-AG hatte den Auftrag, die Gebäude nach einem vorgegebenen Schema zu klassifizieren:
- A: Gebäude, die erhalten und auch über reinen Substanzerhalt hinaus bezuschusst werden.
- (A): Gebäude, die bis auf weiteres in der Kategorie A bleiben, aber nach vier Jahren noch einmal überprüft werden.
- B: Das Gebäude bleibt bis auf weiteres erhalten, über den Substanzerhalt hinaus werden aber keine weiteren Mittel mehr investiert.
- C: Das Gebäude soll mittelfristig aufgegeben werden. Es wird eine Zukunftsperspektive zur Gebäudeentwicklung erarbeitet, nach deren Abschluss entsprechende Schritte eingeleitet werden.
- D: Das Gebäude soll aufgegeben werden, entsprechende Schritte werden zeitnah eingeleitet
- E: Das Gebäude wird als Renditeobjekt erhalten.
Die Einstufung erfolgte nach den folgenden vier Kriterien:
- Pastorale Notwendigkeit
- Wirtschaftliche Sinnhaftigkeit
- Personelle Leistbarkeit
- Ökologische Verantwortbarkeit
Die AG war darüberhinaus bestrebt, eine Präsenz der Kirche in der Fläche aufrecht zu erhalten.
Die Ergebnisse der AG KIS hinsichtlich der Immobilien
- Hachenburg: Pfarrkirche, Pfarrhof und Pfarrhaus sind gemäß Projekt-Vorgaben gesetzt und werden in die Kategorie A eingestuft. Das Kita-Gebäude war nicht Teil des Projekts und bleibt daher ohne Beachtung.
- Hattert: das Gemeindehaus wird in die Kategorie (A) eingestuft, die Kirche in B. Handlungsleitend war für die AG dabei, dass die frisch renovierte Kirche ohne weiteres 10-15 Jahre nutzbar sein wird. Sollte dann angesichts der Entwicklung der Kirchenbesucherzahlen eine Weiternutzung der Kirche keinen Sinn mehr ergeben, wäre das Pfarrheim immer noch als Gottesdienstraum nutzbar und böte obendrein ein Obdach für die Aktivitäten der Gemeinde jenseits des Gottesdienstes.
- Merkelbach: Die Kapelle ist die die Kategorie B eingestuft. Das entspricht dem Status, den die Kapelle bereits jetzt hat: Sie wird von einem Förderverein erhalten.
- Bad Marienberg: Die Dominikus-Böhm Kapelle soll der gewöhnliche Gottesdienstraum werden und erhält die Kategorie A. Die neue Kirche soll mittelfristig aufgegeben oder umgewidmet werden. Dasselbe gilt für das Gemeindehaus. Es wird in die Kategorie C eingestuft. Die Pfarrei wird, ggfs. mit Kooperationspartnern aus der Ökumene, schauen, wie es sich realisieren lässt, dass in Bad Marienberg ein außerliturgischer Versammlungsraum erhalten oder geschaffen werden kann.
- Mörlen: Kirche und Gemeindehaus werden vorläufig in die Kategorie (A) eingestuft. Das weitere hängt davon ab, wie eine Perspektive für den Kirchort gefunden werden kann. Im Ergebnis wird auch dort eines der Gebäude mittelfristig aufgegeben werden.
- Norken: Die Kapelle erhält die Kategorie B. Das entspricht dem Status, den die Kapelle bereits jetzt hat.
- Nistertal: Das Gemeindehaus beherbergt unsere einzige Katholische öffentliche Bücherei (KöB). Es wird in die Kategorie A eingestuft. Die Kirche ist in den letzten Jahren am Dach und Fundament saniert worden und wird daher auf viele Jahre weiter nutzbar bleiben. Sie wird in die Kategorie B eingestuft. Das Pfarrhaus ist augenblicklich vermietet, wegen seines hohen Sanierungsbedarfs aber kein Renditeobjekt. Es wird in die Kategorie D eingestuft.
- Marienstatt: Kirche und Pfarrflügel ("Abtsfügel") sind Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz. Sie erhalten folglich die Kategorie A. Das Pfarrheim ist von der Abtei angemietet, also auch nicht im Eigentum der Pfarrei und wird pro forma auch in A einsortiert. Das Kita-Gebäude in Luckenbach befindet sich nicht im Eigentum der Pfarrei. Als Kita-Gebäude war es auch nicht Teil des Projekts.
Wie es weiter geht
Nach der Vorstellung der Ergebnisse der AG ist es nun an PGR und Verwaltungsrat, zu beraten und zu beschließen. Das ist im Sommer zu erwarten. Im Anschluss beginnt die Phase 3 des KIS-Projekts, das ist die Umsetzungsphase. Auch hierfür erhält die Pfarrei Unterstützung aus Limburg. Da viele Pfarreien in dieser Phase sind, ist heute schon klar, dass dies Zeit in Anspruch nehmen wird, auch aufgrund der Komplexität der Umsetzungsverfahren. Schließlich ist beispielsweise auch eine Investorensuche auf dem Land schwieriger als etwa in der Rhein-Main-Region. Kooperationsübereinkünfte mit anderen Parteien brauchen Zeit der Vorbereitung.
Die Umsetzung wird daher sicher einige Zeit in Anspruch nehmen - Zeit, die wir nutzen können und nutzen sollten, um uns selbst über die Zukunft der Kirche in unserer Pfarrei Gedanken zu machen. Denn diese Zukunft gibt es!