
Predigt zum 5. Sonntag im Jahreskreis – A – Jes 58, 7-10 und Mt 5, 13-16
Der eine hat es lieber etwas pikanter, der andere steht auf weniger Schärfe. „Gesalzene“ Rechnungen mag niemand. Das wissen wir: Salz dient nicht nur unserem Wohlbefinden, es ist lebensnotwendig. Nicht umsonst sprach man zu früheren Zeiten vom Salz als dem weißen Gold. In den Jesusworten wird klar, dass Salz etwas Gutes ist (vgl. Mk 9, 49-50). Sorge macht in der Lebenswelt Jesu nicht das Zuviel, sondern das Zuwenig an Salz. Was im natürlichen Leben wichtig ist, wird im Mund Jesu zu einem Bildwort für die Jüngerschaft Jesu.
Wir sind mit den „Seligpreisungen“ durch das Portal der Bergpredigt gegangen. Wir haben entdeckt, dass das Leben in der Nähe und in der Liebe Gottes der Weg des Glücks, des gelingenden Lebens ist. Wie nun entfaltet und gestaltet sich dieses gelingende Leben. Dazu helfen uns die Worte Jesu, die Botschaft des Evangeliums.
Der herausragende Ort für das Bildwort vom Salz ist nun gerade die Bergpredigt (Mt 5, 13). Christen, die ihr Leben im angesprochenen Sinne Jesu ernstnehmen, sind wie Salz. Sie sollen die reinigende und heilende Kraft dieses Lebensmittels an sich selbst erfahren und werden damit befähigt, diese Fähigkeit in die Welt hinein in Wort und Tat, als Wort- und Lebenszeugnis weiterzugeben. Damit wird das Leben der Christinnen und Christen zu einer verwandelnden Kraft, das wirkt wie das Salz im Leben der Menschen.
Die Wirksamkeit des Salzes ist seine heilende Reinigungskraft, zugleich ist es aber auch notwendiges Mittel zum Leben. Den schmerzlichen und sicher auch befreienden Reinigungsprozess muss somit jeder, der sich als Christ versteht, zunächst an sich selbst erfahren, wobei sich dieser Prozess darin fortsetzt, dass die Nachfolge Jesu als ein schmerzhafter Widerspruch zur Gestalt dieser Welt erfahren wird. Auf der einen Seite sind die weltlichen Strukturen der Macht und der Gewalt, auf der anderen Seite das Feuer und die Ohnmacht der Liebe. Wer „mit Feuer gesalzen“ wird, erfährt diesen Schmerz an sich selbst und an der Welt.
Christsein gestaltet sich so als Widerspruch und Verheißung. Der Glaube an die Zuwendung Gottes unterbricht die Todes-Strukturen der Mächte und Gewalten dieser Welt. Er wird zum Hoffnungszeichen für eine verwandelte, geheilte Welt: Das ist eine Chance, die nur dann besteht, wenn das Salz des Christseins nicht schal und unwirksam wird.
Deshalb hat es einen tiefen Sinn gehabt, dass es früher bei der Taufe einen kleinen „Salzritus“ gab. Leider hat man ihn bei der Liturgiereform nach dem Konzil gestrichen.
Dem Täufling wurden in der Vorbereitung auf die Taufspendung einige Körnchen Salz auf die Zunge gelegt mit den Worten:
„Empfange das geweihte Salz, das Sinnbild christlicher Weisheit. Es sei dir Heilmittel zum ewigen Leben. - Der Friede sei mit dir.“
Danach sprach der Priester das nachfolgende Gebet:
„Gott unserer Väter! Gott, Du Urgrund aller Wahrheit! Wir bitten Dich flehentlich, schaue gnädig herab auf dieses Kind. Es hat (zum ersten Male) dieses Salz gleichsam als Nahrung verkostet. Lass es nicht länger mehr hungern, sondern sättige es nunmehr auch mit himmlischer Speise. Lass es immer mit allem Eifer und in freudiger Hoffnung Deinem Namen dienen. Führe es, o Herr, zum Bade der Wiedergeburt, damit es mit Deinen Gläubigen den ewigen Lohn Deiner Verheißungen erlange. Durch Christus, unsren Herrn.“
Ja, es ist schade, dass dieser Salzritus aus der Taufspendung weggenommen wurde. Und dann hörten wir im Evangelium das andere Wort Jesu: Als Licht der Welt bezeichnet er die Menschen, um sich. Dabei verbindet Matthäus dieses Wort mit einem anderen Wort aus dem Kapitel zuvor: „Das Volk, das im Dunkel lebte, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen“ (Mt 4, 15-16). Auf dem Hintergrund der Zusage der „Seligpreisungen“ sagt Jesus: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Durch euch und euer Dasein als Christen in der Welt spiegelt ihr jenes Licht wider, das Jesus Christus ist und heißt. Ihr braucht nichts zusätzlich zu tun. Ihr braucht „nur“ die zu werden, die ihr seid: Christen. Wenn ihr das wagt, fallt ihr wie von selbst auf.
Warum, so können wir fragen, sind die Worte vom Salz und Licht gleich nach den Seligpreisungen in die Bergpredigt aufgenommen worden? Vielleicht war es auch damals schon schwer für die Christen, konsequent ihrer „Salz- und Leuchtnatur“ entsprechend zu leben. Offensichtlich gab es schon damals allzu angepasste Schein-Christen, d.h. Mitläufer und „Jein-Sager“. Gewiss machte auch die immer neu drohende Verfolgung das Christsein zu einem Lebensrisiko. Offensichtlich kann man die Seligpreisungen auch so missverstehen, dass man sich als von Jesus angesprochen trotzdem nicht weiter für die Welt verantwortlich fühlt und sich im Segen Gottes ausruht. Genau deshalb betont Matthäus für seine Gemeinde so nachhaltig: „Werdet, was ihr seid! Seid Salz, seid Licht, lebt auffällig, versteckt euch nicht in faulen Kompromissen! Vertraut darauf, dass eure Kraft und Energie von Gott gestärkt werden!“
Auch wir müssen es uns immer wieder ins Bewusstsein rufen: Christin, Christ zu sein, bedeutet aus der Beziehung zu Jesus Christus zu leben. Er hält in uns die Kraft des Glaubens und seine Leuchtkraft, im Grunde also sich selbst in uns lebendig. Deshalb müssen wir uns immer wieder und immer mehr mit ihm verbinden im Gebet, im Gottesdienst, im Lesen in der Hl. Schrift, im Teilen des Glaubens und in der gegenseitigen und solidarischen Stärkung bei unserem Engagement füreinander und für die anderen Menschen. Wenn wir uns persönlich um die Beziehung zu Christus kümmern, dann wird diese Beziehung zum Herrn uns zu neuen Menschen machen, zu Menschen, deren Leben von sich aus die nötige Würze und die nötige Strahlkraft hat zum eigenen und zum Heil für die Welt.
Werdet, was ihr seid, sagt der Hl. Augustinus: Leib Christi!
Seien Sie gesegnet und behütet! Ihr P. Guido