
Christi Himmelfahrt – Wallfahrt nach Marienthal
Bei kalten Temperaturen, aber strahlendem Frühlingswetter starteten die Fußpilger früh am Morgen in Marienstatt, um betend und singend mit dem Blasorchester Marienstatt die 16 km bis nach Marienthal/ Hamm zu wandern – gemeinsam und doch jede und jeder mit eigenen Anliegen auf dem Herzen.
Parallel zur Fußwallfahrt machten sich auch 20 E-Bike-PilgerInnen auf den Weg. Auch bei ihnen gab es an ausgewählten Stationen Impulse, Gebet und Lieder. Begleitet wurde die Gruppe von Gemeindereferentin Doris Nolden.
Gemeinsam feierten beide Gruppen sowie viele weitere Menschen, die mit dem Auto gekommen waren, in Marienthal mit P. Guido, P. Ignatius und Pfarrer Aumüller aus Altenkirchen den Pilgergottesdienst.
Danach konnte man den dortigen Kreuzweg gehen und zum Abschluss die Marienandacht feiern, die von Diakon Krämer gestaltet wurde. Einige der PilgerInnen machten sich dann auch noch zu Fuß zurück nach Marienstatt, wo dann der Abschluss des Wallfahrtstages gefeiert wurde.
Doris Nolden
Gemeindereferentin


Predigt zum Fest Christi Himmelfahrt – Eph 1, 17-23 und Mt 28, 16-20
Wallfahrt nach Marienthal am 18.05.2023 – 600 Jahre Marienthal
Nein, es ist nicht mehr das Bild der Schmerzhaften Mutter, das der fromme Hirte vor 600 Jahren schnitzte und hier im Wiesental unter einer Eiche aufstellte und immer wieder besuchte, um, wie erzählt wird, seinen Glauben kundzutun. Seinem Vorbild taten es viele nach und besuchten das Bildnis, um ihm glaubend und betend zu begegnen. So kam es zu mehreren Gnadenerweisen, zu Wundern. Deshalb nannte man das Bildnis der Schmerzhaften Mutter auch „Gnadenbild“. Im Jahr 1460 wurde eine Kapelle gebaut und die Zisterzienser aus Marienstatt übernahmen die Betreuung.
Das ursprüngliche Bild der „Schmerzhaften Mutter“ hatte unter der Witterung so sehr gelitten, dass durch eine Stiftung ein neues Bild in einer Kölner Künstlerschule geschaffen und hier aufgestellt wurde. In seiner Art erinnert das neue Bild an das Ursprüngliche, hier im Thal Mariens, wie der Kölner Weihbischof Johann Spender im Jahr 1489 diesen Ort nannte.
Zu diesem Bild der „Schmerzhaften Mutter“ sind heute viele gewallfahrtet.
Wir leben in einer Zeit der Bilder. Je mehr Handys es gibt, um so mehr Bilder gibt es. Und die werden schneller als man denkt, ausgetauscht, gepostet, weitervermittelt, in Fotobüchern gedruckt. Welchen Wert haben diese Bilder? Ganz sicher haben die meisten eine persönliche Bedeutung für jene, die sie machen und teilen. Bilder sind meist mit Erinnerungen verbunden. Sie erzählen Geschichten anders als es Worte können. Sie zeigen Menschen und Dinge, Natur und Tiere. Wir leben heute in einer Zeit der Bilderflut. Die Wissenschaft und die Technik machen es möglich, Augenblicke und Eindrücke kinderleicht festzuhalten. Noch einmal frage ich: Welche Bedeutung haben für uns Bilder?
Schauen wir auf das Bild das den frommen Hirten.
Das Bild der „schmerzhaften Muttergottes“ – Ich frage mich: Was hat den frommen Hirten bewogen, vor 600 Jahren dieses Bild zu schnitzen und noch viel wichtiger: Warum war es ihm als Zeugnis seines Glaubens so wichtig?
Die Zeit, in der dieser Hirte gelebt hat, die Zeit am Beginn des 15. Jahrhunderts war eine Zeit, die geprägt war von großen politischen und auch kirchlichen Verwirrungen. In der Kirche herrschte eine unglaubliche Zerrissenheit, denn es gab drei Päpste und entsprechend waren die weltlichen Herrscher ebenso uneins. Das führte auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Beim Konzil von Konstanz wurde zwar 1417 mit Papst Martin V. nach der beschlossenen Absetzung der anderen Päpste einer gewählt, aber erst 1429 kam es zur endgültigen Überwindung des Schismas. Die Menschen haben unter diesen Verwirrungen und Spaltungen gelitten, wie wir uns vorstellen können. Dazu kommt noch, dass die Folgen der großen Pestzeit, die in der Mitte des 14. Jahrhunderts europaweit unzählige Todesopfer gefordert hatte, längst noch nicht bewältigt waren. Man suchte in der Praxis des Glaubens nach einem Halt, nach jemand, der die Leiden der Menschen mittrug und gleichzeitig ein Symbol und Bild für die Überwindung des Leids war. Das war es, was unseren frommen Hirten angetrieben hat. Die kleinen Leute konnten von den geistlichen und weltlichen Größen nichts erwarten.
„Alles Leid hielt sie umfangen“ – Das Bild der Schmerzensmutter: Maria hält ihren toten Sohn in den Armen. Man hat es neu entdeckt und gesehen: Maria ist die Identifikationsfigur für Leidende und Trauernde. „Lass mich wahrhaft mit dir weinen“ – Wir sind mit unserem Schmerz nicht allein, sondern können ihn mit Maria teilen, ihn gemeinsam mit ihr aushalten und Gott hinhalten. Am Kreuz hat Jesus selber Maria seinem Lieblingsjünger Johannes und damit der ganzen Kirche zur Mutter gegeben. So haben in der konkreten Weltsituation im Großen und im Kleinen die Christen Maria als Mutter des Glaubens gefunden, die sie und auch uns im Leid umfangen möchte. Das Bild der Schmerzen Mariens feiert nicht das Leid, sondern will helfen, es mit Marias Hilfe besser zu ertragen und auszuhalten. Der Glaube des Hirten mit dem Bild der Schmerzensmutter lehrt uns bis heute: Mit Maria können wir lernen, unser eigenes Leid mit den Augen des Glaubens zu sehen, es in Verbindung zu bringen mit Tod und Auferstehung Jesu Christi. Wer anders kann uns dabei besser helfen als Maria, seine Mutter?
In der Diözese Köln hat man 1423 das Fest „Maria Schmerzen“ am 15. September – einen Tag nach dem Fest „Kreuzerhöhung“ eingeführt. So wendet der Gedenktag der „Mater Dolorosa“ – der Schmerzensmutter – den Blick auf das Mitleiden Mariens mit ihrem Sohn und mit allen, die ihr Kreuz im Glauben als Hoffnungszeichen der Erlösung tragen.
Für die Menschen, die Christen hier im Wiesental, war das Zeugnis des Glaubens durch den Hirten Beispiel und Ansporn. Sie schlossen sich ihm und seinen Besuchen beim Bild der „Schmerzensmutter“ an. Wo sich der Glaube verdichtet, dort wird die Gnade, die Zuneigung Gottes spürbar und greifbar. Dort geschieht mit Gottes Hilfe „Wunderbares“.
Damit sind wir bei uns heute angekommen.
Nicht die Masse der vielen Bilder ist wichtig, sondern nur jene Bilder und Erinnerungszeichen, die uns mit ihren Geschichten helfen, mit unserem Leben mit seinen Freuden und Bedrängnissen durch Leid und Krankheit und Tod besser zurechtzukommen. In der Zerrissenheit unserer Tage mit Krieg, mit Ängsten in der Welt und Bedrängnissen auch in der Kirche, lädt uns das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter hier in Marienthal (oder auch in Marienstatt) dazu ein, in ihrem, der Gottesmutter, Glauben und Mittragen des Kreuzes neuen Halt zu finden.
Ich muss es noch einmal sagen: Die Gnade wächst dort, wo der Glaube sich verdichtet. Und es ist für mich auch eine große Anfrage an Sie, an Euch, natürlich auch an mich selbst, was wir tun, dass genau das geschehen kann. Gut, heute sind wir Wallfahrer. Wir sind dem Zeugnis des frommen Hirten gefolgt. Aber es braucht diese Glaubensverdichtung und -stärkung nicht nur an Feiertagen und zu Wallfahrtsanlässen, sondern im Alltag unseres Christenlebens. Der Hirte kam immer wieder ins Wiesental zum Bild der Gnadenmutter, so erzählt die Geschichte. Immer wieder. Das hat die Menschen in seiner Umgebung angestoßen es ihm gleichzutun. Es braucht eine neue Vertiefung unseres Glaubens und der Glaubenspraxis in unserer Gemeinde. Ich rede nicht von denen, die aus verschiedensten Gründen die Kirche verlassen. Ich rede von denen, die ihren Glauben mit immer mehr gleichgültiger Haltung sehen. Es kann und darf nicht sein, dass immer mehr unserer Glaubensgeschwister sich still und gleichgültig von den Gottesdiensten verabschieden. Man hört es immer wieder, dass gesagt wird, man sei ja zufrieden mit den sonntäglichen Fernsehübertragungen. Da brauche man doch nicht mehr in die Kirche zu gehen. Bei Besuchen sehen wir in den Wohnungen immer weniger Kreuze und Heiligenbilder, vom Weihwasserkesselchen an der Wohnungstüre überhaupt nicht zu reden, um nur so etwas zu nennen. Und wie ist es mit dem persönlichen Gebet, mit dem Lesen in der Hl. Schrift? Wenn es klemmt und schwierig ist im Leben wird Gott schnell in die Verantwortung genommen. Ansonsten… Es gibt auch in der öffentlichen Wahrnehmung zu viele Verwirrungen, Misstrauen, zu viel Gleichgültigkeit, zu viel Ablenkung und Verwässerung des Wesentlichen. Es gibt – so hat es dieser Tage jemand zu mir gesagt: „Eine große Menge Glaubensfaulheit“… Genug davon!
Ja, es braucht auch heute wie damals durch den frommen Hirten der Blick auf das, was Not tut und im Glauben trägt. Paulus, aus seinem Brief an die Gemeinde in Ephesus haben wir eben einen Abschnitt gehört, macht dort genau das auch dieser Gemeinde deutlich. Wie hieß es? „Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn erkennt. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid…“ (Eph 1, 17f). Auch heute verstehen wir zu wenig von der Hoffnung, die von Gott ausgeht. Viel zu sehr sehen wir nur uns selbst.
Wir sind hierhergekommen nach Marienthal zum Gnadenbild. Sehen wir wie Maria in ihrem Glauben durch ihr Leben hindurch den, der uns liebt? Auch in Schwierigkeiten, auch wenn wir versucht sind ihn zu vergessen, weil es uns gut geht? Oder dann, wenn wir Anstoß nehmen an Anderen, an der Kirche, am Mitmenschen?
Dieses eine Bild vermag uns die Augen zu öffnen.
In ihm verdichtet sich der Glaube und die Gnade Gottes, seine Liebe und Zuneigung werden sichtbar durch das Zeugnis vieler.
Der fromme Hirte mit seinem Bild des Glaubens, mit dem Bild der „schmerzhaften Muttergottes“ möge auch uns heute Beispiel sein dafür, dass wir in Treue allezeit zu unserem Glauben als Menschen in der Nachfolge des Herrn stehen. Maria, die Mutter des Herrn sei uns Fürsprecherin und Hilfe in unseren Nöten und Schwächen. Sie bitte ihren Sohn Jesus darum, uns heute die Kraft und Zuversicht und das Feuer des Heiligen Geistes vom Vater zu senden. Amen
Pater Guido
Mehr als 140 Menschen pilgerten von Marienstatt nach Marienthal
Erschöpft, aber glücklich und zufrieden zogen am Abend des Christi Himmelfahrtstages die Wallfahrerinnen und Wallfahrer bei Glockengeläut, Blas- und Orgelmusik in die Abteikirche Marienstatt, um nach einem anstrengenden Tag mit mehr als 30 Kilometern Fußweg ihre jährliche Wallfahrt zu beenden. Begonnen hatte der Tag bereits um 6:00 Uhr morgens, als sie in Marienstatt aufbrachen, um dann nach vier Stunden Singen, Beten, Schweigen und Unterhalten in Marienthal bei Hamm/Sieg einen festlichen Gottesdienst anlässlich des Festes Christi Himmelfahrt zu feiern. Nach Marienthal waren aber nicht nur die 120 Fußwallfahrer und die mehr als 20 Radwallfahrer gekommen, sondern auch viele Menschen aus der Pfarrei Hachenburg und darüber hinaus. Nach einer körperlichen Stärkung und einer Marienandacht traten sie, eine buntgemischte Gruppe aus Jung und Alt, unter Begleitung des Blasorchesters Marienstatt den Rückweg an. „Es ist unbeschreiblich, nach einem solch anstrengenden, aber auch erfüllenden Tag abends wieder in Marienstatt anzukommen. Viele Augen bleiben da nicht trocken“, ist sich eine Wallfahrerin sicher. Auch im kommenden Jahr wird diese Wallfahrt an Christi Himmelfahrt wieder stattfinden.
Matthias Schneider
