Taufe des Herrn
Predigt zum Fest Taufe des Herrn
1. Sonntag im Jahreskreis – C – Jes 40,1-5.9-11 u. Lk 3,15-16.21-22
Der Weihnachtsfestkreis schließt heute mit der Taufe des Herrn: Jesus von Nazareth in Galiläa kommt zu Johannes an den Jordan, um sich „zusammen mit dem ganzen Volk“ (Lk 3,21) taufen zu lassen. Das kann schon verwundern: Warum glaubt Jesus, dass er es nötig hätte, sich von seinem Vorläufer taufen zu lassen, der doch auf ihn als auf den Stärkeren verweist, welcher mit Heiligem Geist taufen wird (vgl. Lk 3,16)? Darauf gibt es manche kluge Antwort. Eine von ihnen weist darauf hin, dass es ein Zeichen der vollen Menschwerdung ist, wenn Jesus sich in die Reihe der Sünder stellt und die Umkehr- die Bußtaufe des Johannes empfängt. Das bedeutet: Er ist wirklich Mensch wie wir. Das wird hier hervorgehoben. Und das trifft sich mit der alten Tradition, dass die Taufe Jesu schon von Anfang der Überlieferung an zum Epiphanie-Geschehen gezählt wird, das heißt auch, dass sie zum Offenbarwerden der göttlichen Herrlichkeit des Menschensohnes gehört. Auf der gleichen Linie liegen das Fest der Erscheinung des Herrn, das wir zuletzt gefeiert haben, wie auch die Erzählung von Jesu Teilnahme an der Hochzeit zu Kana, die wir am nächsten Sonntag aus dem Johannesevangelium hören werden und wo es am Schluss heißt: „So tat Jesus sein erstes Zeichen (...) und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn“ (Joh 2,11).
Die Herrlichkeit des Herrn im heutigen Evangelium verkündet eine Stimme aus dem Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich (Wohl-)Gefallen gefunden“ (Lk 3,22a). Das ist zunächst, so fällt mir auf, eine Brücke zu Worten der Jesaja-Lesung (vgl. Jes 40,1-5.9-11): Dieser Jesus ist wirklich der, auf den Gott seinen Geist gelegt hat und der den Völkern das Recht bringt, kein anderer sonst! Die Propheten-Lesung erscheint mir darüber hinaus wie eine Sammlung guter Worte, genommen aus dem Wortschatz der Liebe Gottes. Der gute Gott fasst den Erwählten an der Hand und stützt ihn. Und das Evangelium bestätigt: Das Verhältnis Jesu zu Gott, seinem Vater, ist einzigartig. Am Beginn seines öffentlichen Wirkens steht also die Liebeserklärung des Vaters, die er nie mehr zurücknimmt, auch nicht in der Passion Jesu. Diesen so geliebten Sohn hat er nicht im Tod belassen, sondern an Ostern zu Neuem Leben erweckt. Und wie weiter?
Dürfen wir, so möchte ich fragen, das geschilderte Geschehen mit uns Getauften direkt in Beziehung setzen? Es geht doch einerseits um die göttliche Bestätigung Jesu und seiner Sendung, zum andern aber haben wir gelernt, dass die sogenannte „Bußtaufe“ des Johannes am Jordan kein Sakrament im kirchlichen Sinne war. Es war doch nur ein Zeichen der Umkehr, der Buße. Wo also ist die Verbindung der Taufe Jesu mit uns? Ich nehme an, dass Lukas seine Erzählung von der Taufe Jesu – im Unterschied zu Markus und Matthäus, die auch davon erzählen (vgl. Mt 3,13-17 u. Mk 1,9-11) – schon vom gemeindlichen Ritus der Taufspendung seiner Zeit aus beschreibt. So wird zum Beispiel nur bei Lukas erwähnt, dass Jesus bei seiner Taufe gebetet hat. Ich sehe das als Hinweis, der wahrscheinlich auf das Gebet der frühchristlichen Gemeinden hindeutet, die das jeweilige Taufgeschehen in der Gemeinde mit ihrer betenden Fürbitte begleitet haben. Genau dieser kleine Hinweis auf den betenden Jesus ist von Lukas her wichtig: Das Gebet Jesu ist die ausdrückliche menschliche Verbindung zum Vater im Himmel und der antwortet mit der göttlichen Sohneszusage an Jesus. So wird Jesus als geliebter Sohn öffentlich vom Vater im Heiligen Geist bestätigt. Bezogen auf die Taufspendung bedeutet das: Die Gemeinde betet – Gott antwortet. Da wird sichtbar, was im christlichen Taufritus bis zum heutigen Tag wesentlich ist. In der Taufe handelt die Kirche fürbittend im Gebet und im Heiligen Geist auch an Gottes Stelle, das bedeutet, dass Gott im Sakrament sein Ja der Annahme zum Täufling spricht, wie er es zu Jesus gesprochen hat. Der Täufling selbst wird zum geliebten Kind Gottes. Auch am Anfang seines Lebens steht also – wie bei Jesus – eine bedingungslose Liebeserklärung Gottes, die Gott nie mehr zurücknehmen wird. So heißt es beispielsweise im zweiten Timotheus-Brief: „Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen“ (Tim 2,13).
Dieses Wort der Treue wie auch ungezählte andere biblische Versprechen und Zusagen stammen aus dem Wortschatz der Liebe Gottes. Sie sagen mit immer anderen Worten, Nuancen und Facetten immer und immer wieder: DU BIST MEIN GELIEBTER SOHN, MEINE GELIEBTE TOCHTER, MEIN GELIEBTES KIND, AN DIR HABE ICH GEFALLEN GEFUNDEN. Jeder Getaufte muss sich das immer wieder bewusst machen: Von Gott her habe ich wie Jesus immer eine einmalige Würde und Ansehen: Ich bin Gottes geliebtes Kind! Natürlich hat das Auswirkungen auf das persönliche Leben aber auch auf das geschwisterliche Leben miteinander in der Kirche und auch in der Beziehung der Kirchen untereinander: In der Gemeinschaft der Kinder Gottes sollte es immer annehmend, aufnehmend und wohlwollend zugehen. Nicht in den Wörterbüchern des Kampfes, der Ausgrenzung und Verteufelung gilt es deshalb im Umgang miteinander nachzuschlagen, sondern allein im Wortschatz der Liebe Gottes. Und wenn wir die Prophetenworte der Lesung vom Evangelium her zu verstehen suchen: Es ist Jesus Christus, der Gottes- und Menschensohn, auf den unser Glaube sich gründet und dem er sich verdankt, und er zerbricht niemals das geknickte Rohr, und den glimmenden Docht löscht er nicht aus, wie der Prophet sagt. In diesem Bewusstsein können wir den Weg des Glaubens voll Freude und Zuversicht gemeinsam mit dem Herrn gehen! Er, dessen Herrlichkeit offenkundig wird, er geht mit uns.
Seien Sie vom Herrn gesegnet und behütet! Ihr P. Guido