Predigt zum 18. Sonntag im Jahreskreis – C – Koh 1,2;2,21-23; Kol 3,1-5.9-11 u. Lk 12,13-21
Nein, Rechtsbeistand oder Finanzberater, das ist nicht der Job Jesu. Aber er nutzt die Erfahrung der Menschen und ihre Alltagswirklichkeit für die viel tiefer gehende Wahrheit vom Wirken Gottes in der Geschichte der Menschen. Aber schauen wir genau hin.
Auf den ersten Blick erfüllt der als reicher Mann geschilderte das Gebot der Stunde. Er plant nachhaltig, betreibt Altersvorsorge, spart, legt Vorräte an, um später niemandem zur Last zu fallen. Er will sein Schicksal bestimmen. Hart arbeitet er. Der Erfolg fällt ihm nicht in den Schoß. Immer beschäftigt er sich mit dem für ihn Wichtigen. Er kennt keinen Feierabend, keine Freizeit. Alles hart erkämpft, eigenhändig erarbeitet! Und er will auf niemanden angewiesen sein. Es ist der kluge Mann, der vorbaut und sein Haus bestellt, der erfolgreich wirtschaftet und sich frühzeitig versichert gegen alle Eventualitäten; einer, der nicht gedankenlos in den Tag hineintrödelt. Er ahnt: Irgendwann werde ich keine Kraft mehr haben zu ernten; die Rente wird klein und kleiner werden. Jetzt ist noch die Zeit und die Stunde, Besitzrekorde zu erzielen und persönliche Bestleistungen einzustellen. Die alles bestimmende Sorge: Jetzt kümmere ich mich, damit ich es später auch kann. Dann kann ich von der Dividende leben. Dann will ich es mir schön machen, will herrlich und in Freuden den Lebensabend genießen.
Das kann doch alles nicht verkehrt sein! Denken und handeln wir nicht auch so? Nun, gut. Jesus erzählt diese Geschichte als Beispiel, als Gleichnis. Dennoch ist die Frage berechtigt, was diesen Menschen wirklich antreibt. Zumindest sieht es so aus, als wäre seine Sichtweise nur auf sich selbst beschränkt. Sein Lebenshorizont scheint verengt. Macht hat über ihn und sein Denken und auch über seine Lebensplanung allein die Sorge um das Morgen und der Anspruch der Wirtschaft. Nochmal: Das kennen wir ja auch… Ja, es ist eine Beispielgeschichte, die Jesus erzählt, eine Geschichte, die zum Nachdenken anregen will. Auf der Strecke bleibt beim Denken des sorgenden Reichen, dass all das, was da erwirtschaftet wurde und wird, nicht nur das Ergebnis seines eigenen Handelns ist, sondern sich immer auch anderen verdankt. Zuletzt, und darauf will Jesus hinweisen, verdankt es sich dem, der alles geschaffen hat, Gott. Und vor allem hat Gott den Menschen dem Gesetz der Zeit unterworfen. Gott ist der Herr der Zeit, der sagt: „hajom“ – „noch vor dem Tagesanbruch, noch diese Nacht…“ Jesus nimmt uns hinein in dieses Geheimnis Gottes. Nicht, damit wir Angst bekommen und wie das Kaninchen vor der Schlange hocken. Aber, damit uns klar wird, bei all unserem Tun und Denken sind wir gut beraten, Gott als Partner und Freund und Herr unserer Zeit im Sinne Jesu mitzudenken. Gott, so lehrt es die Geschichte Jesu, stört unsere einsamen Selbstgespräche. Er ist dabei, wenn wir mit unseren Monologen – wie dieser sorgende Reiche – gerne allein bleiben möchten. Gott weiß, was uns umtreibt, und er weiß auch, was uns kaputtmachen kann: Habgier, so sagen es die Psychologen, ist der Geiz des Menschen, der mit sich allein bleibt, ist die „geile“ Befriedigung der eigenen Habsucht. Jesus nennt diesen vermeintlich klugen und sorgenden Menschen einen „Narren“. Er hat nur sich und seinen Besitz im Blick und übersieht die vergehende Zeit. „Wofür das alles?“ so fragt Jesus. Und er fragt auch uns. Hören wir diese Frage? Ist alles so in Ordnung, was Du tust? Wen lässt Du teilhaben an deinem Wissen, Deiner Zeit, deiner Nähe? Darf ich Dich heilen von Deiner falschen Gier? Von der Angst um dich selbst? Deiner Angst vor dem vergehen der Zeit? Deiner Angst vor dem Tod? Darf ich, so fragt Jesus von Gott her, Dir Zeit schenken, Dich befreien von Deinen ungesunden Fixierungen auf Dich selbst und Deinem Stress?
Noch ist nicht Herbst. Es ist Sommer. Die Ernte wartet. Noch können wir zur Besinnung kommen. Großzügig und freigiebig werden, staunend wahrnehmen, was uns alles geschenkt ist und wird; auch die begrenzte Zeit.
Eine Fabel erzählt:
Es waren einmal viele Tiere auf dem Weg zum Himmel. Ein weiser Mensch mit dem gleichen Ziel schloss sich ihnen an und befragte sie nach ihrem Leben.
Da erzählte ein Fuchs von seinen Abenteuern, ein Eichhörnchen berichtete von seinem beweglichen Dasein, ein Karpfen schwamm sein Leben träge in großen Zügen vor, ein Hahn tat sich wichtig mit seinen Pflichten, ein Regenwurm murmelte ganz dunkle Dinge und ein Floh wusste viel Menschliches zu berichten. Als es aber an der Eidechse war zu reden, schwieg sie. Der Weise wartete, doch die Eidechse schwieg weiter. Der Weise sprach ihr gute Worte zu, die Eidechse schwieg. Der Weise bot seine ganze Weisheit auf, doch die Eidechse schwieg immer noch. Schließlich, als sie schon dem Himmel nahe waren, züngelte sie ein bisschen, wie es die Eidechsen zu tun pflegen, blinzelte einmal und sagte: Heute habe ich in der Sonne gelegen.
Ich wünsche Ihnen den Segen der Liebe Gottes und bleibt behütet!
Ihr P. Guido