Predigt zum 2. Adventssonntag – B – Jes 40,1-5.9-11; 2 Petr 3,8-14 und Mk 1,1-8
Man kann sie auswählen, die Stimme des Navigationsgerätes, sei dieses Gerät fest im Auto eingebaut oder als mobiles Zusatzgerät vorhanden. Fast jeder Autofahrer, fast jede Autofahrerin verlässt sich auf die dem Ziel zuführenden Ansagen. „In zweihundert Metern rechts abbiegen!“ heißt es beispielsweise. Und wenn man einmal anders fährt, als es das Navi vorgibt, heißt es postwendend: „Nach Möglichkeit bitte wenden!“ oder die Route zum Ziel muss neu berechnet werden. So ein Gerät ist schon ein echt brauchbares technisches Werkzeug: Von verschiedenen Satelliten empfängt das Navi Signale, die dann flugs in Positionsdaten des Fahrzeugs berechnet und dann auf entsprechenden Karten angezeigt werden und den Weg zum gewählten Ziel sichtbar machen.
„Bereitet den Weg des Herrn!“ So ruft es der Täufer Johannes den Menschen zu (Mk 1,3). Da hilft einer, die Orientierung zu finden. Auf seine Art genau wie das Navigationsgerät im Auto. Für den Evangelisten Markus kommt es genau darauf an, den Weg zu finden. In seinem ganzen Evangelium zeichnet er den Weg Gottes zum Menschen nach und er gibt Hinweise, Jesus Christus, dem Gottessohn und seiner Botschaft zu begegnen. Der Ruf des Täufers Johannes ist folgerichtig so etwas wie eine Hilfe zur eigenen Positionsbestimmung hin zu dieser Begegnung. Mehr noch: Der prophetische Ruf ist wie eine Art Navigationsgerät in der inneren Ausrichtung der Menschen. Um das Ziel der Begegnung wirklich zu erreichen, bedarf es nach den Worten des Täufers außerdem der Umkehr und der Vergebung der Sünden (vgl. Mk 1,4).
Das „Navi“ und seine Hilfe im Straßenverkehr kann also so etwas sein wie ein „modernes Gleichnis“ im Zusammenhang der je eigenen Orientierung auf dem Weg zu Gott und seiner Botschaft in Jesus Christus.
Fragen wir also: Was braucht ein „Navi“, damit es richtig funktioniert?
Zunächst einmal braucht es Energie. Fest eingebaut oder auch mobil eingesetzt bezieht es diese Energie aus den Bordmitteln des Fahrzeugs, also aus der Batterie. Im Blick auf den Ruf des Täufers Johannes heißt das, ich muss selbst von meiner eigenen Lebensenergie etwas einsetzen, damit dieser adventliche Ruf bei mir ankommen kann. Es gilt, gerade in den Tagen des Advents meine Ressourcen an Kraft und Zeit so einzusetzen, dass Räume entstehen, die mit Gottes Botschaft verbinden. Stille, Achtsamkeit und Zeit für das persönliche Gebet und auch echte Begegnungen mit Menschen öffnen mich für die Wahrnehmung der Nähe Gottes.
Dann braucht des „Navi“ das aktuelle Kartenmaterial, um den Weg richtig vorgeben zu können. In unserem Gleichnis ist das Kartenmaterial im Evangelium vorgegeben. „Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn“, so hieß es am Anfang unseres heutigen Evangeliums (Mk 1,1). Sein Weg, sein Leben, seine Botschaft der Liebe, sie sind Elemente dieses Kartenmaterials. Das bedeutet für uns, dass wir gerade in diesen Tagen der Vorbereitung auf Weihnachten bewusst in der Bibel, in der Hl. Schrift lesen und auch nach Gelegenheiten suchen sollten, über das Gelesene zu sprechen und in der persönlichen Besinnung lebendig werden zu lassen. Der Täufer Johannes zeigt deutlich auf den, der nach ihm kommt. Er öffnet so den Blick zudem auf all jene, um uns, mit denen wir unterwegs sind. Auch in ihnen und in unserer Zuwendung zu ihnen finden wir Orientierungspunkte für unseren Weg zu Gott.
Das führt mich im Gleichnis des „Navi“ zu einem dritten Aspekt: Damit es funktionieren kann braucht es die entsprechende Empfangsbedingung nach oben. Das Navigationsgerät braucht den offenen Zugang zu den Satelliten, damit es die notwendigen Daten für seine Berechnungen des Weges empfangen kann. Für unser Gleichnis heißt das: Der Blick zu Gott muss offen sein und frei, damit er bei mir ankommen kann. Das lässt mich danach fragen, was den Blick zu Gott verstellt. Vom Täufer Johannes wird im Evangelium erzählt, dass er in Kleidung und in seiner Nahrung sehr anspruchslos war: Kamelhaargewand, Heuschrecken und wilder Honig… Er begnügte sich mit dem absolut Notwendigen. Die Dinge des Alltags beeinflussen unser Leben. Was ist für mich, für uns das rechte Maß im Umgang mit ihnen? Dazu kommt: Welche Sorgen oder Nöte verstellen den Blick auf den Himmel, denn auch sie engen den Blick ein? Und nicht zuletzt: Hat die Beziehung zu Gott überhaupt eine Bedeutung für mich, für uns in der Gestaltung des Lebens?
Wir sehen also, dass ein „Navi“ tatsächlich eine Art von Gleichnis sein kann für die Begegnung mit der Botschaft Jesu und in ihm mit Gott. Tatsächlich kommt noch eine Bedeutung dazu: So wie Johannes der Täufer in seiner Art und durch sein Leben Wegweiser und Orientierungshelfer für die Menschen im Blick auf Gott war und ist, genau so könnten auch wir heute „Navis“ sein, Hilfen füreinander für den Weg und die Begegnung mit Gott.
Brauchen wir nicht gerade in unseren Tagen der Wirrnis und zerstörender Ideologien und falscher Ansichten eine neue Ausrichtung auf das Reich Gottes, das nach Jesu Wort bedeutet: Gerechtigkeit, Frieden und Liebe für und mit allen Menschen? Eine besondere Ansage des Navigationsgerätes kann uns persönlich dazu helfen und auch ermutigen mit Blick auf unsere Schwächen, Fehler und auch Sünden: „Nach Möglichkeit bitte wenden!“ Ja, Johannes der Täufer hat recht, wenn er zu Umkehr aufruft und dazu, die Trennung zu Gott zu überwinden!
Der Dichter Paul Konrad Kurz schreibt in einem Gedicht mit dem Titel „Warum ruft Johannes“
Unwegsames wird überflogen
Täler – bis auf den Restbestand des Schutzparks –
sind überbrückt,
die Brücken ausgebessert.
Was noch übrig bleibt zu tun
wird eben im Büro berechnet.
Was will Johannes?
Ist er mit unseren Baggern unzufrieden?
Warum ruft er?
(In: Paul Konrad Kurz „Das Bündel Gottes“, Schwabenverlag, Ostfildern, 1994, S. 15)
Johannes ruft: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! – Er, der Herr, wird uns mit Heiligem Geist taufen, mit neuer Lebenskraft und Hoffnung! (vgl. Mk 1,3.8).
Seien Sie so gesegnet und behütet! Ihr P. Guido