Komm Heiliger Geist! Erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!
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Predigt zum Pfingstfest 2020
Pfingsten. Fünfzig Tage nach Ostern feiern wir – so sagt es die Tradition – den Geburtstag der Kirche. Die Bilder, die die Texte der Heiligen Schriften uns vor Augen stellen, bedürfen allerdings einiger Erläuterungen. Ich möchte das Augenmerk auf die Apostelgeschichte (Pfingssonntag: Apg 2,1-11) und auf das Johannesevangelium (Pfingstsonntag: Joh 20,19-23 und Pfingsmontag: Joh 15,26 – 16,3.12-15) lenken.
Die Lesung aus der Apostelgeschichte bietet Sturm und Feuer auf. Das erste Pfingsten scheint annähernd wie eine Katastrophe zu beginnen. Da kommt „vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt“ (Apg 2,2). Aber nein! Es geht nicht um eine zerstörerische Katastrophe. Vielmehr klingt hier an, was dem Gottesvolk am Sinai beim Bundesschluss mit Gott begegnet ist (vgl. Ex 19,16-19) und was dem Propheten Elia ebenfalls am Gottesberg in der unmittelbaren Gottesbegegnung die Nähe Gottes anzeigt (vgl. 1Kön 19,11). Zweierlei zeigt also das Sturmbild auf: Da wird etwas Neues geschaffen, ein neuer Bund, ein Heilsangebot, vergleichbar auch der Schöpfungsgeschichte, wo der Geist Gottes über dem Chaos ordnend wirkt (vgl. Gen 1,2) und es wirkt die sanft und barmherzig heilende Begegnung mit dem Herrn aller Dinge, die jedem Menschen den Weg zum Heil anbietet. Für den Evangelisten Johannes, bei dem Auferstehung – also Ostern – und die Geistsendung – Pfingsten – zusammenfallen, geschieht dieses Neue, diese ordnende Kraft, im Heilsangebot Gottes durch den Heiligen Geist. In ihm zeigt sich Gott offen als jener, der alle Schuld und alles Irregehen des Menschen vergibt und so seinen Frieden ins Herz der Menschen schenken will. Deshalb sagt der schon zum Vater erhöhte und damit dem Menschen über Zeit und Raum hinweg nahe Auferstandene Herr Jesus Christus zu den Seinen: „Friede sei mit euch!“ und „Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben“ (Joh 20,21-23). Wie Feuer, soll diese Gabe die Jünger dazu befähigen und bewegen, die Liebesaufgabe des Gekreuzigten und Auferstandenen weiter zu tragen. Sturm, Brausen und Feuerzungen sollen nicht ängstigen oder das Fürchten lehren. Und ebenso ist der Friede des Herzens keine lasche- und wellnessorientierte Gabe, kein Ruhekissen auf dem man sich getrost ausruhen könnte. Sie offenbart vielmehr eine Wahrheit ganz neuer Qualität. In seinen Abschiedsreden hat Jesus von dieser Wahrheit gesprochen (vgl. Joh 14 – 17). Dort heißt es: „Der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, wird Zeugnis für mich ablegen. Und auch ihr sollt Zeugnis ablegen, weil ihr von Anfang an bei mir seid“ (Joh 15.26f). Die Wahrheit, von der das vierte Evangelium gleich dreiundzwanzigmal spricht, kann nur „bezeugt“ werden. Jesus und damit sein „Sein“ und seine ganze Geschichte – er selbst – ist diese Wahrheit.
Und damit sind wir bei dem, was den Geburtstag der Kirche ausmacht und ebenso das Geist-Geschenk des Glaubens für jeden Glaubenden. Es macht keinen Sinn, den Glauben an uns selbst oder an unsere Zeitgenossen heranzureden. Die verlangen auch nicht nach einem Lehrbuch, vergleichbar mit einer Sammlung von Glaubenssätzen, wo geschrieben steht, was man zu glauben habe! Die Welt muss auf glaubwürdige Zeugen stoßen. Und „glaubwürdig“ meint nicht, ob es jemandem ernst ist mit dem Glauben, sondern ob er mit dem, was ihm ernst ist, auch Ernst macht, ob einer oder eine das Glaubensbekenntnis nicht nur herzusagen vermag, sondern in ihm sich selbst findet mit Haut und Haaren.
Wer ein offenes Herz hat, bei dem kommt diese Botschaft auch an. Wie sieht jemand aus, der tatsächlich aus der Frohen Botschaft, aus dem Evangelium lebt und zu leben versucht und im Übrigen „ein Mensch ist, wie du und ich“? Danach fragen unsere Mitmenschen. Wer verschlossen ist, und das ist auch Teil der Wahrnehmung, für den ist das Reden der vom Gottesgeist entflammten Menschen, wie das Gelalle von Betrunkenen (vgl. Apg 2,13).
Schauen wir noch einmal auf den Begriff der Wahrheit. Ein umstrittenes Wort, wie wir zur Genüge immer wieder erfahren in einer Zeit von irren Verschwörungsgeschichten und sogenannten alternativen Fakten. Die Wahrheit – die Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit des Christ-seins und des Kirche-seins beginnt genau da, wo wir mit mehr Verständnis und tieferer Einsicht in die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn in die Verbindung der Liebe im Heiligen Geist hineingelangen, mit dem Einen Gott also und untereinander. Der Geist der Wahrheit, von dem Jesus nach Johannes spricht, bringt keine andere oder wie man sagt alternative Wahrheit. Er führt hinein in Jesus selbst. Deshalb heißt es: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“ (vgl Joh 14,6 und Joh 16,13).
Glaube und Kirche waren und sind insofern Teil der göttlichen Wahrheit als sie immer tiefer und immer mehr aus und in der innigen Verbindung mit Gott leben und geformt werden müssen. „Der Geist wird euch in die ganze Wahrheit führen. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird euch sagen, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird“ (Joh 16,13).
Geburtstag der Kirche ist Pfingsten. Ich sagte es Anfangs. Ist das ein Grund zum Feiern? Ja. Vor allem aber zum Nachdenken. In einem Gedicht unter dem Titel „Heiliger Geist“ (Andreas Knapp „Tiefer als das Meer“ Gedichte zum Glauben, Echter-Verlag, 4.Aufl. 2012, S.48) begegnete mir eine Zeile, die mich angesprungen hat. Da hieß es: „Wir werden einander wahr“.
Wie wird die Kirche der Zukunft aussehen? Sind wir – Du und Ich – glaubwürdige Zeugen im Sinne Jesu? Oder macht jeder nur seine Rechnung auf?
„Wir werden einander wahr“. Ja, in der Wahrheit Gottes, im Heiligen Geist, im Sohn, im Vater.
Komm Heiliger Geist! Erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!
Ich wünsche Ihnen den Segen Gottes! Bleiben Sie behütet! Ihr P. Guido