25. Sonntag im Jahreskreis – C – Am 8,4-7; 1 Tim 2,1-8 u. Lk 16,1-13
Vom Dichter Hermann Hesse stammen die nachfolgenden Verse:
„Wahrlich, keiner ist weise, / der nicht das Dunkel kennt, / das unentrinnbar und leise / von allem ihn trennt. – Seltsam, im Nebel zu wandern! / Leben ist Einsam sein. / Kein Mensch kennt den andern, jeder ist allein." Aus: Hermann Hesse, Im Nebel, zitiert nach: Kranz des Lebens, Braunschweig 1955, S 39.
Nun, die Verse klingen allzu herbstlich, fast depressiv. Wir spüren es ja auch, dass der Sommer vorbei ist. Es mag zwar, vielleicht bedingt durch den Klimawandel, doch noch den einen oder anderen sonnig warmen Tag geben. Aber dennoch sind die Tage kürzer und die Nächte kühler geworden. Es ist Herbst geworden. Bei aller Schönheit der herbstlichen Natur – denken wir nur an die Farbenpracht des Waldes – die Blätter werden fallen. Die herbstliche Stimmung erinnert uns auch daran, wie die Tage unseres Lebens verstreichen, und ebenso, dass es sicher notwendig ist, auf den Lauf unseres begrenzten und endlichen Lebens zu schauen.
Damit sind wir bei der Botschaft des Evangeliums dieses Sonntags angekommen. Die Geschichte, die Jesus den Menschen nach dem Evangelisten Lukas erzählt, hat eine besondere Perspektive: Die „Parabel vom betrügerischen Haushalter“, so hat sie der Theologe Joachim Jeremias genannt, rät uns die Ressourcen unseres Lebens so konsequent zu nutzen, dass sie wirklich die Zukunft öffnen können. Aber wie passt das denn zusammen: Einerseits Betrug und andererseits positive Nutzung von Ressourcen? Nach Lukas müssen wir, angeregt durch Jesus, anders und noch einmal genauer hinschauen.
Der genannte „Haushalter“ verschleudert den Besitz seines Herrn. Das kommt diesem zu Ohren und er fordert Rechenschaft. Jetzt kann nicht länger verborgen bleiben, was er getan hat, seine das Gut des Herrn betreffende Misswirtschaft tritt offen zu Tage. Die Konsequenz: Er wird seinen Job verlieren.
Was ist jetzt seine Reaktion angesichts der knappen verbleibenden Zeit. Die Alternativen zu seinem bisherigen Leben passen ihm nicht. Wer, wie er, der das Wohlleben und den Luxus geschmeckt hat, wollte auch betteln oder schwer schuften? Nun, so könnte man sagen: Einmal Gauner immer Gauner! Er betrügt also aufs Neue, geht weiter verschwenderisch mit dem Hab und Gut seines Herrn um: Er verschenkt, was ihm nicht gehört, 50 Bat Öl, das sind mehr als 18 Hektoliter, erlässt er dem einen Schuldner seines Herrn, 20 Kor Weizen, das sind mehr als 100 Zentner, dem anderen. Er schenkt, als wäre er der Eigentümer. So macht er sich Freunde und denkt dabei: Wem ich jetzt Wohltaten spende, der wird sich daran erinnern und mich in sein Haus aufnehmen, wenn ich von der Verwaltung abgesetzt bin, meinen Job verloren habe.
Und was passiert jetzt in der Rede Jesu? Er lobt dieses Verhalten des Hausverwalters. Verständig hat er gehandelt. Aber das ist doch Betrug. Was heißt hier „verständig“? Nun, Jesus lobt nicht den Betrug, sondern er lobt, dass der Mann, bezogen auf seine Zukunft, mit Verstand gehandelt hat und sich zu helfen wusste. Genau das ist der entscheidende Aspekt in der Geschichte Jesu: Angesichts der Zukunft mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Ressourcen und mit Verstand zu handeln. Das ist gefordert. Jesus ist überzeugt, dass menschliches Handeln, wenn es mit den Gaben und Fähigkeiten, die dem Menschen gegeben sind, angewandt wird, auch geistlichen Gewinn bringt. Das bedeutet, dass ich alle meine Fähigkeiten und Gaben, alle meine Ressourcen auch geistlich zielorientiert mit Verstand und Einfallsreichtum, mit Phantasie und Kreativität einsetzen muss. Der Weg des Christseins und der Nachfolge Jesu ist also keineswegs ein passiver Weg außerhalb der Welt, sondern ein höchst aktiver in unserer Welt.
Was also machen mit den Jahren, den Monaten und Tagen, den Stunden des Lebens? Wie zitierte ich eingangs dieser Überlegungen den Dichter Hermann Hesse: „Wahrlich, keiner ist weise, / der nicht das Dunkel kennt, / das unentrinnbar und leise / von allem ihn trennt. – Seltsam, im Nebel zu wandern! / Leben ist Einsam sein. / Kein Mensch kennt den andern, jeder ist allein." –
In der Auseinandersetzung mit dem Leben und auch der letzten Einsamkeit des eigenen Lebens sollte uns das Licht aufgehen, dass sie fruchtbar werden muss und kann, wenn wir genau hier einander annehmen und begleiten. Das ist einer der Wege: Die uns von Gott, unserem himmlischen Herrn, anvertrauten Gaben – die uns ja letztlich nicht gehören – wie unsere Zeit, die Fähigkeiten und alle anderen Mittel des Lebens, miteinander zu teilen, damit sie uns allen nutzen. Der Verwalter in der Geschichte Jesu wusste sich in der Bedrängnis der knappen Zeit zu helfen: Er verschenkt großzügig, was ihm nicht gehörte. Wir sind verständig, wenn wir ebenso umgehen mit dem, was uns auf dieser Welt streng genommen auch nicht gehört, aber anvertraut ist. Wenn wir also das, was wir „besitzen“, und da geht es um weit mehr als um Geld, nicht nur für uns selbst haben wollen. Wann endlich werden wir das begreifen? Verständig sind wir, wenn wir zu teilen wissen. Verständig sind wir, wenn wir unsere Türen weit aufmachen, Anteil nehmen und Anteil geben an allem im Leben, schlicht immer das Leben im Blick haben, unser eigenes und das der anderen.
Also nochmal: Wir wissen um den Herbst des Lebens, um die Vergänglichkeiten. Wir wissen auch, dass wir im Sinne Jesu – das ist auch in unserem Sinn – nur unverlierbar bewahren können, was wir in Liebe teilen und mitteilen. Tun wir es doch mit Verstand und mit Kreativität und Phantasie, dann haben alle etwas davon und wir finden miteinander den Weg zur Fülle des Lebens. Dazu hilft uns der Herr.
Seien Sie gesegnet und behütet in der Liebe Gottes!
Ihr P. Guido















