„Hinter mir her!“ sagt Jesus jetzt, heute, zu Dir, zu uns allen. Gehen wir mit ihm.
Predigt zum 3. Sonntag im Jahreskreis (B) - Jona 3,1-5.10 und Mk 1,14-20
Denken Sie mit mir an den letzten Sonntag: Die ersten Worte Jesu in diesem Evangelium als er den beiden Johannesjüngern begegnet, die hinter im her sind: „Was wollt ihr?“ Und dann: „Kommt und seht!“ Die Einladung Jesu, seine innere Heimat, sein Daheim im himmlischen Vater zu entdecken und in ihm zu bleiben. Programmatisch auch für uns: Die Menschen zu fragen, was sie in der Gemeinde, der Kirche, bei uns als Christen wollen und ihnen Orte und Räume zu zeigen, wo Menschen mit Jesus und Gott in Verbindung sein können, und mit Jesus DAHEIM sind.
Mit dem heutigen Evangelium beginnt der Evangelist Markus sein Evangelium und das geschieht kurz und prägnant. Die zu Beginn genannte Verhaftung Johannes des Täufers, die zu seiner Hinrichtung führen wird, verweist schon auf das Ende des Evangeliums, auf Verhaftung und Hinrichtung Jesu. Wenn Markus dann davon spricht, dass Jesus aus Judäa, wo er am Jordan von Johannes getauft worden war, nach Galiläa zurückkehrt, spannt er ein zweites Mal den Bogen zum Ende hin. Am leeren Grab verkündet der Auferstehungsengel den Frauen, dass Jesus nach Galiläa vorausgegangen ist und dort auf die Jünger wartet. Anfang und Ende – Ende und Anfang…
Der Evangelist schreibt vom Ende her, schreibt aus dem Glauben an die Auferstehung, und er nimmt dieses Ende mit hinein in den Anfang. Markus baut Spannungsbögen, damit wir gespannt auf das Geschehen schauen. Es geht ihm um mehr als Geschichtsschreibung. Er schreibt von dem, was er selbst erfahren hat. Es ist das Glaubenszeugnis eines Menschen, der ganz dicht an der Geschichte Jesu „dran“ war und für die allerersten christlichen Gemeinden schreibt, damit auch sie an Jesus „dran“ sein können.
Und auch hier spricht Jesus die ersten Worte, die von ihm im Markusevangelium überliefert sind. Erste Worte sind wichtig, sie verdienen besondere Aufmerksamkeit, steckt in ihnen doch schon oft die ganze Botschaft. Werbepsychologen erklären uns, dass die menschliche Aufmerksamkeit etwa zehn Sekunden anhält, in diesen zehn Sekunden muss der Hörer „gepackt werden“, damit ihm die weitere Botschaft einleuchten kann. Die erste Botschaft Jesu dauert bei normalem Lesen ca. acht Sekunden. Acht Sekunden, die es in sich haben. Jesus beginnt mit einer Heilszusage, die sich vom Abstrakten – „Die Zeit ist erfüllt“ – zum Konkreten – „Das Reich Gottes ist nahe“ – steigert. „Reich Gottes, Paradies, Himmel“ – natürlich sind das Synonyme, Schlagworte. Da ist alles drin, was Gott dem Menschen als Perspektive und Ziel menschlicher Existenz und vor allem der Gemeinschaft mit ihm anbietet. Also erst der Zuspruch Gottes, dann sein Anspruch. Auch der steigert sich wieder vom Abstrakten – „Kehrt um – ändert euer Denken!“ – zum Konkreten – „Glaubt an das Evangelium“. Das ist die schlichte Einladung zum Glauben, die Einladung, den Weg mit Jesus zu gehen, um den Inhalt, die Substanz, die Wahrheit der Schlagworte zu erfahren. Nicht den Kopf in den Sand zu stecken, immer auf die eigenen Füße zu starren, sondern über den Horizont hinaus in den Himmel zu schauen und uns selbst das zuzutrauen, was Gott uns zutraut: dass wir mit Jesus und in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Heiligen Geist liebende Menschen sein können, seine Kinder, die die Welt verändern, sie im Sinne Gottes vollenden können.
Die sechzehn ersten Worte Jesu beinhalten so zwei Ebenen. Die Situation, in der Jesus sie spricht: Die Zeit ist erfüllt durch seine Menschwerdung, seine Taufe, sein Wirken und sein Weg. Mit ihm ist das Reich Gottes, ist Gott selbst ganz nahe und wer Jesus wirklich begegnet, sich also mit ihm auf den Weg macht, der ist mit Gott unterwegs. Die zweite Ebene ist die nachösterliche, in der Markus an die jungen Christengemeinden – und auch an uns – schreibt: Die Zeit ist erfüllt mit der Auferstehung Christi, das Reich Gottes ist nahe, mehr noch, ist da, weil er im Heiligen Geist in uns und zwischen uns ist. Das Evangelium ist die Frohe Botschaft von der Auferstehung Jesu, von einem Leben, das Teil der Ewigkeit Gottes ist und in ihr seine Vollendung finden wird. Jesus ist von Gott her der Rufende.
Und da sind dann wir, die Angesprochenen, die Gerufenen:
Sie damals und wir heute kommen in den Blick. Menschen wie du und ich. Einfache Leute, Fischer, Handwerker, Kaufleute, Zöllner, Männer und Frauen, wie wir im Evangelium erfahren. Simon Petrus, Andreas, Jakobus, Johannes und all die anderen, selbst ein Judas hört den Ruf: „Hinter mir her!“ sagt Jesus. In jedem steckt der Funke der Sehnsucht nach einem gelingenden Leben. Jeder der Berufenen trägt in sich die gottgeschenkte Fähigkeit, Botschafter des Lebens zu sein. Jesus wird diese Fähigkeit bei all den völlig unterschiedlichen Charakteren und Persönlichkeiten durch seine Nähe, sein Handeln, seine Gemeinschaft mit ihnen herausarbeiten, wird sie aussenden, seine Zeugen zu sein und der Geist Gottes wird sie stärken: „Du Mensch. Die Zeit ist erfüllt. Das Reich Gottes ist nahe. Verändere dein Denken, Fühlen und Handeln! Denk endlich größer von Gott und auch von dem, was in dir ist! Glaube und vertraue auf Gottes Ruf, weil Gott dir vertraut und erfahre im Miteinander die Liebe und Nähe Gottes! Und was für dich gilt, teile mit denen, die auch nach einer Welt suchen, die weiter reicht als bis zur Nasenspitze, über den Horizont hinaus, hinein in Gott selbst!“
„Hinter mir her!“ sagt Jesus jetzt, heute, zu Dir, zu uns allen. Gehen wir mit ihm.
Seien Sie gesegnet und behütet! Ihr P. Guido