Predigt zum 5. Sonntag im Jahreskreis – C – Jes 6,1-2a.3-8; 1 Kor 15,3-8.11 u. Lk 5,1-11
Die Menschen drängen sich um Jesus, weil sie das Wort Gottes hören wollen (vgl. Lk 5,1).
Es hat begonnen. Nach der „Selbstvergewisserung“ seiner eigenen Berufung in der Wüste und ersten „Heilungen“ – davon spricht das 4. Kapitel bei Lukas – steht jetzt das WORT im Brennpunkt. Lukas erzählt nicht, welche Worte Jesus für die Menge findet. Aber er erzählt uns, was diese Worte bewirken. Und ebenso wichtig sind einige Details der Erzählung des Lukas.
Für mich ist das besondere Stichwort dieser Erzählung das der „leeren Netze“.
Leere Netze...
Da ist die Klage eines 52-jährigen, dem man sagt, er sei zu alt für einen neuen Arbeitsplatz... Da ist die Familie, die durch eine Verkettung von unseligen Situationen in den Teufelskreis der Überschuldung geraten ist. Da ist das Paar, das in bester Absicht das gemeinsame Leben gestalten möchte, dem dann aber charakterliche Probleme das Leben vergällen. Da sind die Eltern, die sich bemüht haben, ihren Kindern den Glauben vorzuleben, aber die Kinder gehen ganz andere Wege. Da wurden und werden die Kommunionkinder und die Firmbewerber in der Vorbereitung intensiv begleitet. Aber dann, nach der Erstkommunion, nach der Firmung, tauchen sie und auch ihre Eltern in der Gemeinde nicht mehr auf.
Leere Netze...
Simon, der Fischer hatte das mit seinen Kollegen auch erfahren: „…wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen“ (Lk 5,5a). Simon hatte sicher den Kopf voller Sorgen, weil die Arbeit der Nacht vergeblich war. Wie sollten sie die Familie ernähren?
Leere Netze…
Das schmerzt. Man fühlt sich ohnmächtig, fühlt sich als Versager, Enttäuschung macht sich breit, Resignation lähmt...
Jesus steht umdrängt am Ufer. Die Leute wollen hören, was er zu sagen hat. Und jetzt macht Jesus etwas, das wichtig ist, so erzählt Lukas: Er lässt sich von Simon ein Stück vom Ufer wegfahren. Jesus schafft ein Stück Distanz, Abstand zum Bedrängenden. Auch für Simon stellt er diesen Abstand her. Das heißt, Jesus bringt ihn und die anderen Menschen in eine neue Situation. Jetzt können sie zuerst einmal ablegen, was sie bedrängt, können sich öffnen.
Das ist eine Erfahrung, die auch wir kennen. So unmittelbar im Stress, unmittelbar bedrängt von Druck und schlechten Erfahrungen, dann wenn man den Kopf und das Herz vom Negativen voll hat, hat man keine Perspektive. Es braucht Abstand, eine gewisse Ruhe, um sich neu zu orientieren. Und jetzt gewinnt, was Jesus zu sagen hat, einen Zugang zum Herzen, zum ganzen Menschen. Jesus lehrt das Wort Gottes. Die Menschen, besonders Simon, scheinen betroffen von diesem Wort. Da tut sich was. Das Gotteswort, von Jesus gesagt, ist mutmachendes, hoffnungsvolles Wort. Natürlich ist es ein Versuch, wenn wir diesem Wort nachspüren. Doch Jesus, er ist ja selbst das WORT, sagt sicher den Menschen, dass Gott kein Fremder ist und ihnen keine Angst machen will, sondern, dass er DA ist und voller Liebe und Zuwendung sich sorgt um uns und uns helfen möchte. Auf jeden Fall entdecken die Hörenden nach dem mutmachenden und hoffnungsvollen Wort Jesu einen neuen Horizont. Konkret: An Simon, dem Jesus den Beinamen PETRUS – FELS geben wird, geht die Aufforderung: „Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!“ (Lk 5,4). Simon antwortet: „… auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen“ (Lk 5,5b). Sie werfen die Netze aus.
Jesus lässt sich selbst ein auf die Menschen. Er ist mit dabei. Jetzt kann Unerwartetes geschehen. Wir haben noch im Ohr, wie es ausgegangen ist: Die bis zum Zerreißen gespannten Netze, das eilig herbeigewinkte zweite Boot, das Entladen des Fanges auf die beiden Boote, die von der ungeheuren Fischlast fast unter Wasser gedrückt werden. Das Wunder zwingt Simon (und seine Gefährten) in die Knie: Sie wissen plötzlich, dass da Wunderbares geschehen ist; denn so einen Fang hat kein Fischer je aus eigener Kraft zustande gebracht. Erschrocken werden sie sich bewusst, dass sich in diesem Jesus seine Worte der Ermutigung und der Hoffnung erfüllen. Sie begreifen, Gott ist ihnen nahe. Deshalb sagt Simon, dem Lukas nun den Beinahmen Petrus anfügt, zu Jesus: „Geh weg von mir; denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr!“ (Lk 5,8b). Das klingt nach Resignation. „Fürchte dich nicht!“ sagt Jesus.
Wir fragen immer danach, wie wir Anregungen der Botschaft des Evangeliums in unserem Leben umsetzen können. Das Evangelium heute gibt uns eine gute Hilfe: Lassen wir uns doch mit Jesus darauf ein, das, was uns bedrängt, auf Abstand zu bringen. Und dann die neue Perspektive: Gott stellt sich in Jesus auf unsere Seite. Seine Worte sind Worte der Hoffnung und der Ermutigung. Gerade weil uns meistens nur die Misserfolge vor Augen stehen – ich denke an gescheiterte Ehen, ich denke an Misserfolge in der Erziehung, ich denke die schwierige Zeit in unsrer Kirche und an vieles andere an Schwierigkeiten... – brauchen wir diese Perspektive. Leider haben viele schon die gemeinsame Basis einer Beziehung zu Gott verloren. Trotzdem: Wenn es gelingt, dass wir in einer Krise allein oder gemeinsam Abstand nehmen können von einer missglückten Lebenserfahrung. Wenn es gelingt, dann diese schlechte Erfahrung vor zu Gott tragen und ihn miteinbeziehen ins Leben, dann ist neues Vertrauen, Hoffnung und Ermutigung möglich. Das gilt immer in einem Leben, das mit Gott gelebt wird! Jesus sagt es uns: Gott mutet uns zu, zu glauben, weil er an uns glaubt.
Wir verhalten uns oft wie ein kleiner Junge, der sich plagt, einen schweren Stein aufzuheben. Wir verzweifeln, wenn das nicht gelingen kann. Nun, der kleine Junge, dem das geschah, ging niedergeschlagen zu seinem Vater und erzählte ihm von seinem Misserfolg. Der sagte dann zu ihm: „Weißt du, Kind, eine Möglichkeit hast du noch nicht versucht. Du hast mich nicht gebeten, dir zu helfen.“ – Gott schenkt viel mehr noch als seine Hilfe. Er ermutigt uns mit ihm das Leben zu suchen und zu teilen. Er sorgt für die Fülle! Das, so erzählt es Lukas, erfährt auch Simon Petrus. Das erfahren auch die anderen mit ihm. Müssen nicht auch wir dann von dieser Erfahrung erzählen können? Keine Furcht! Ihr sollt Menschen zu Gott führen. Menschenfischer werden. Vertrauen wir dem Leben, weil Gott es mit uns lebt.
Seien Sie in der Liebe Gottes gesegnet und behütet!
Ihr P. Guido