Was also sollen wir tun?
Predigt zum 3. Advent (C) – Phil 4, 4-7 und Lk 3, 10-18
Im Grunde sind es zwei Grundlinien, die den 3. Adventsonntag in diesem Jahr prägen: Da ist die Aufforderung des Apostels Paulus zur Freude in den Worten des Philipperbriefes „Freuet euch im Herrn zu jeder Zeit!“ (Phil 4,4) und die deutlichen Anweisungen des Täufers Johannes auf die Frage jener Menschen, die zu ihm in die Wüste gezogen sind, und die durch seine Predigt ermutigt wurden, ihren Glauben neu zu gestalten: „Was also sollen wir tun?“ (Lk 3,10).
Auch wenn es zwei unterschiedliche Texte sind, die man nicht einfach so verknüpfen darf, der Philipperbrief und die Worte des Lukasevangeliums, so zielen sie doch ab auf das, was mit Blick den kommenden Herrn wichtig ist.
Grundlegend ist tatsächlich die Freude. Die Freude darüber, dass du und ich, dass jeder von uns aufgerufen ist, sich der Begegnung mit Christus zu stellen, sei es nun mit Blick auf die jährliche Weihnachtserwartung oder auch mit Blick auf das endgültige Treffen mit dem Herrn am Ende des irdischen Weges. Diese Freude rührt aus dem Bewusstsein, dass der Herr als Mensch und Gott uns nahe ist und durch seine Liebe, die Angst und die Zerbrechlichkeit unseres Lebens auffängt und zum Vater im Himmel führt. Wenn ich mich so in Gottes gutem Willen aufgefangen und getragen weiß, wenn auch mit mancherlei Zweifel, Fragen und Skepsis, dann darf ich aus der Hoffnung leben, dass ich nicht verloren gehe, dass es ein Ziel gibt für das Leben, für mein Leben, das sich zu leben lohnt über diese begrenzte Welt hinaus. Diese Hoffnung ist der Grund der Freude. Und aus ihr heraus können wir der Welt und den Menschen um uns anders, also nach dem Maßstab Gottes, mit Güte begegnen.
Die innere Haltung muss nun aber auch konkret werden. Und damit sind wir bei dem Arzt und Pragmatiker Lukas und durch ihn bei der Umkehrpredigt des Täufers angelangt.
Was sollen wir also tun - jetzt, da das Kommen des Messias bevorsteht? Diese Frage bewegt die Menschen, die – ich erwähnte es schon – den Weg hinaus in die Wüste zu Johannes auf sich genommen haben. Johannes denkt bei seiner Antwort nicht an Gottesdienste oder Opfer, obwohl er doch Sohn des Tempelpriesters Zacharias ist. Er ist, obwohl er selbst sehr asketisch lebt, kein mystischer Spinner geworden. Er besitzt gute Menschenkenntnis und er weiß überraschend viel vom Leben der Menschen. Er überfordert niemand mit seinen Appellen. Jeder Pharisäer und Schriftgelehrte würde mehr verlangen als er. Er gibt den Leuten keine Frömmigkeitsübungen und spirituellen Methoden, kein Gebet, Fasten, Almosen, keine Wallfahrten oder Opfer auf, sondern nimmt ihr raues, herausforderndes Berufsleben in den Blick. Sie sollen nicht daraus aussteigen, sondern gerade in ihrem Alltag den Willen Gottes erfüllen. Das ist auch eine klare Ansage des Evangelisten an seine Gemeinde und damit an uns: Nicht in einer frommen Scheinwelt, sondern in der harten Realität des konfliktbeladenen Alltags sollen wir uns als Christen bewähren. Wie das geht, dazu können uns die Worte des Täufers Impulse geben.
Als Adressaten der Johannes-Predigt sind drei Gruppen genannt: Kleine Leute, Zöllner und Soldaten. Christliche Ethik und Moral ist konkret. Die Verantwortung eines Menschen wird durch seine Stellung in der Gesellschaft mitbestimmt. Aber die konkreten Aussagen in der Anwendung auf Gruppen und Einzelne sind sehr verschieden. Nehmen wir ein Beispiel: Von einer Lehrerin oder einem Journalisten ist ein anderes christliches Bekenntnis in der Öffentlichkeit verlangt als von einer Hausfrau und Mutter im Lebenskreis der Familie oder einem Handwerker im Umgang mit seinen Kunden.
Nur das Erste, das Teilen der Güter, gilt uneingeschränkt für alle. Was sollen wir also tun? Die erste Antwort ist die allgemeinste und weitgehendste: teilen. Kleidung und Nahrung teilen, Hab und Gut teilen, geistige und geistliche Güter teilen, die Erfahrungen des Lebens und des Glaubens teilen, die Wahrheit und das Wort Gottes teilen, Bibel teilen… Schon ein bescheidener Überfluss verpflichtet zum Teilen: Wenn einer einen Bissen Brot übrig oder einen zweiten Rock hat – teile mit dem Armen! Johannes erinnert an die selbstverständlichen sozialen Pflichten. Das Zweite: Sei ehrlich und transparent in der Ausübung deines Berufes! So wichtig das Geld und der Verdienst ist, sie sind dennoch nicht das Wichtigste. Entscheidend ist, dass das, was beruflich den Lebensunterhalt sichert, dennoch ein Dienst ist für etwas oder jemand, ob nun etwas hergestellt oder eine Dienstleistung erbracht wird. Das Dritte: Wenn dir Macht anvertraut ist, dann sei dir bewusst, dass du sie richtig gebrauchst und nicht missbrauchst. Es muss dir immer um dein Gegenüber gehen und das sind Menschen wie auch du selbst. Halte dich an die Regel und an die Ordnung! Sei gerecht! Achte die Würde des Mitmenschen!
Bei all dem ist Moral oder Ethik nur eine Hilfe oder ein Werkzeug, um, sich gewissermaßen für die Begegnung mit Gott zu rüsten.
In der Begegnung mit dem kommenden Herrn geht es um mehr als um Moral und Ethik:
Deshalb sagt Johannes: „Ich taufe euch nur mit Wasser; er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (LK 3,16c). Das ist der Unterschied zwischen ihm und dem Kommenden. Es ist wie der Unterschied von Feuer und Wasser: In der Begegnung mit Jesus geht es nicht um religiöse Brauchtum wie um das Befolgen von Geboten oder um das Einhalten von Gebetszeiten, auch nicht um meditative Techniken, sondern um die direkte Beziehung mit Gott, der sich uns mitteilt, der sich uns schenkt, der für immer mit uns sein und leben will. Das ist wie ein Feuer. Das ist die von Gott kommende Kraft des Handelns. Das ist Gott, der im Menschen Wohnung nimmt. Das ist der Heilige Geist. Das ist tiefe und unendliche Freude.
Ihnen einen geisterfüllten und frohen dritten Advent! Bleibt behütet! Ihr P. Guido