Betrachtung zum Gründonnerstag – 1 Kor 11,23-26 und Joh 13,1-15
Nein! Das haben wir nicht verdient? Wir nehmen IHM das Leben und er gibt uns sein essbares Leben in die Hand? Es ist die unerwartete und nicht voraussehbare Überraschung für uns alle, dass Er am Vorabend des Karfreitags, an dem man sein Leben, ihn selbst, auslöschen will, seine wirkliche bleibende Gegenwart verspricht: Ich bleibe trotzdem! Ich liefere mich euren Händen im Dienst der Liebe und euren Mündern aus. Ich bleibe unter euch anwesend, auch wenn manche wollen, dass ich auf ewig abwesend sei und bliebe. Der Sohn spricht für den Vater in der Liebe des Geistes.
Um das auszudrücken, fehlen die Worte. Jesus erklärt den Jüngern, die er seine Freunde nennt, in dieser Stunde nicht den Sinn seines Sterbens. Das ist unnötig. Er lässt das Zeichen des Dienens und des Brotes und des Weines sprechen. Denn Liebe ist nicht nur ein Wort; Liebe drängt immer in ein Zeichen, eine Geste. An dem Abend, an dem sich die Jünger und damit alle in der Kirche zerstreuen und ihren Herrn allein lassen, hinterlässt er in der Gebärde der Fußwaschung und des Brotbrechens ein Zeichen der Einheit, nimmt uns in ein Geschehen hinein, das er allein für uns durchleidet.
In jeder heiligen Messe lassen wir uns penetrant an diese Nacht erinnern, „in der er ausgeliefert wurde“ (1 Kor 11,23b). So heißt es nach Paulus im Hochgebet. Es gehört zum Geheimnis dieser Nacht, dass es in ihr einen ganz speziellen Augenblick gibt, einen Moment des Innehaltens, des Friedens. Und Paulus erinnert an dieses fast lautlose und unspektakuläre Geschehen. Geheimnisvoll nimmt der Herr vorweg, was geschieht: Er gibt sich ganz her; er bricht das Brot, bevor sein Leib tief verletzt wird. Denn ER ist nicht steinhart, ER ist verwundbar, essbar. Am Vorabend des Tages voller Schmerz und Tod schenkt Jesus ein Essen voller Verheißung; ein Mahl, das in die Bitte mündet: Grabt euch diese Stunde in euerem Gedächtnis ein. Verdrängt, ja, vergesst für alle irdische Zeit nicht diese seltsame Nacht. Nicht die Hände, die dienen, nicht das Brot und den Wein, Leib und Blut.
Es ist die Stunde, in der die Gemeinschaft der Jünger, die Kirche, ihren größten Schwächeanfall erleidet, wo sie im Garten Gethsemane ihr Nickerchen macht und ihn allein lässt; und doch darf diese Nacht nie in der Vergessenheit verschwinden: In jeder Messe werden wir gleichzeitig mit diesem dunklen Tag, an dem er sich uns im Brot ausliefert und an dem unsereins in der Gestalt des Judas ihn der Gewaltmacht ausliefert, erinnert. Wir sehen nur Brot, sehen nur den Gekreuzigten und dürfen unendlich „mehr“ glauben und kosten: Ein Leben, das aus dem Tod kommt; ein Leben, das den Tod verwandelt und überwindet. Nehmt Brot und Wein, dieses schlichte Mahl nicht als Henkersmahlzeit, sondern als Zwischenmahlzeit, als die vorübergehende essbare leise Nähe Gottes selbst, als etwas sehr Vorläufiges, als kleine Kostprobe des ewigen Lebens. Der unendliche Gott in uns. Amen
Gottes Segen leite und behüte uns alle! Ihr P. Guido
(Die Betrachtung beruht auf Gedanken aus der Zeitschrift: „Botschaft Heute“ Heft April 2003, Bergmöser u. Höller Verl., Aachen, zum Gründonnerstag.)
Die liturgischen Texte zum Gründonnerstag
