Predigt zum 21. Sonntag im Jahreskreis – C – Jes 66,18-21; Hebr 12,5-7.11-13 u. Lk 13,22-30
Es ist keine Frage: Türen gehören zu den Selbstverständlichkeiten des Lebens, die wir uns kaum noch bewusst machen. Wie viele Redensarten gibt es doch von Türen, von offenen Türen, die wir vorfinden, von offenen Türen, die wir einrennen, von verschlossenen Türen, vor denen wir stehen, von Türen, die zugeschlagen werden und von Tür und Tor, die sich öffnen. – Ambivalent, mehrdeutig, dieses Symbol: Türen laden ein oder schließen aus. Immer aber sind sie Orte des Hinübergangs, die uns von einer Situation in eine andere bringen, die verbinden oder trennen.
Was wir heute im Evangelium von Jesu hören, klingt ernst und kompromisslos. Herausgefordert werden wir, wie die Gemeinde des Lukas. Jesus verteilt keine Beruhigungspillen gegen die Bedrohungen des Glaubens an Gott in der Welt; er ist kein harmloser Idealist, der keinem weh tut. „Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Türe zu gelangen…“ (Lk 13,24). Es geht in keiner echten Begegnung um Beliebigkeiten oder um „small talk“ und erst recht nicht in Sachen der Begegnung mit Gott. Es ist verständlich, dass Jesus das Bild der Türe verwendet, wenn es auf die Schnittstelle bzw. Schwelle zwischen dem Leben dieser Welt und dem Leben bei Gott zu sprechen geht. Diese Tür, dieser Übergang, so sagt unser Text, ist eng, also schwierig zu durchschreiten. Ein beklemmendes Bild! Enge Türen kann man nur durchschreiten, wenn man sich verändert, beispielsweise klein macht.
Wie passt das mit dem Angebot des Glaubens zusammen? Nun, Glaube und letztlich verstehen darunter viele zuerst Sinngebung und eine Art Lebensdeutung aus sich selbst heraus, wird unter dem Blickwinkel der Einschätzung und des Verhaltens in Bezug auf das Gelingen der je eigenen Lebensplanung verstanden. Glaube als äußeres Gut soll keine Mühe kosten. Schließlich ist das Leben ja schon schwer genug! Stress im Beruf, Konflikte in der Familie, eine durchgetaktete Woche, Streit, finanzielle Sorgen. Das reicht doch wohl. Da will ich durch den Glauben nicht auch noch gefordert werden. Glaube und Religion, das – so sagt man – gehört schließlich zur knapp bemessenen Freizeit. Und da erwartet man Wohltuendes nach dem Motto: Was bringt mir das? Da fragen wir doch nicht: Was muss ich dafür tun?
Aber genau dahin zielen die Worte Jesu. Sie rücken unsere Sicht des Glaubens zurecht. Glaube im Sinne Jesu ist nicht etwas, das man sich selbst zurechtlegt. Glaube ist Ausdruck und Wirklichkeit einer Beziehung, ist persönlich empfundenes „Getragen-werden“ im Leben und gleichzeitig das nachprüfbare und der zwischenmenschlichen Kommunikation anvertraute Wissen über das, was uns Menschen trägt und hält. Thomas von Aquin, der große Denker der Theologie sprach vom „fides qua“ also von der persönlichen Entscheidung zum Glauben und vom „fides quae“ also vom Inhalt des Glaubens. Wer durch die Türe des Glaubens geht – im Übrigen ist nach den Worten des Johannesevangeliums Jesus diese Türe – der begreift, die persönliche Entscheidung zum Glauben hat nachprüfbare und verantwortbare Folgen!
Also: So etwas wie eine passive Mitgliedschaft in dem, was im Sinne Jesu Glauben bedeutet, gibt es nicht. Jesus ordnet das Glaubensgeschehen hin zur ganz persönlichen Beziehung.
Der Evangelist Lukas bestärkt das, indem er klar macht, dass die oberflächliche Begegnung mit dem Herrn nicht ausreicht: „Wir haben doch mit dir gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt. Er aber sagt: Ich weiß nicht woher ihr seid.“ (Lk 13,16f)
Das sind klare Worte Jesu. Das macht unruhig. Hoffentlich! möchte ich sagen. Durch ihn hindurchgehen… Jesus ist wirklich die Türe. Durch ihn hindurchgehen, ihn kennenlernen, mit ihm leben, das wird uns ihm mehr und mehr gleichförmig machen. Und indem wir mehr und mehr ihm gleichförmig werden, werden wir umgewandelt in ihn. „Transformamur cum conformamur“ nennt der Heilige Bernhard von Clairvaux diesen Weg: „Verwandlung durch Gleichförmigkeit“. Ja, Jesus fordert, aber er will nicht überfordern. Er, das sagt uns der Blick auf sein Leben, er gibt alles – sich selbst! Ist es da nicht recht und billig, dass wir entschlossen das geben und tun, was wir können und uns möglich ist. Jesu Forderung bedeutet nicht, dass es vorne und hinten nicht reichen würde, was wir einsetzen. Vielmehr sagt er uns: Setze ein, was du kannst und du wirst überrascht sein!
Dann treffen die Worte ja zu: Wer gibt, empfängt. Wer sich gibt, der empfängt Zuversicht, Erfüllung, Frieden im Herzen, Sinn im Leben. Der spürt die Nähe und den Beistand Gottes gerade in den Schwierigkeiten des Lebens.
Wer schon einmal Betlehem besucht hat, oder Bilder der Geburtskirche Jesu in Bethlehem sah, der hat es vor Augen: Da steht man vor der Geburtskirche Jesu und wundert sich, dass da als Türe wirklich nur ein kleiner Einlass ist, durch den man nicht einmal aufrecht gehen kann. Es gibt viele verschiedene Erklärungen dafür, warum diese Türe so niedrig und klein ist. Ich denke bei diesem Eingang gerne daran, dass Gott sich aus Liebe zum Menschen ganz klein gemacht hat, dass er in Jesus durch die enge Welt des Menschseins gegangen ist, damit wir in ihm und seiner Liebe die unendliche Größe der göttlichen Nähe und Liebe erfahren. Gott ist in Jesus Mensch geworden, damit wir Menschen in Jesus den Weg zu Gott finden.
Gehen wir also, gleich ihm, durch die enge Türe.
Seien Sie im Herrn gesegnet und behütet!
Ihr P. Guido