Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes


Predigt zum Dreifaltigkeitsfest – B – Dtn 4,32.34.39-40; Röm 8,14-17 u. Mt 28,16-20
Ja, auch heutzutage reden wir Christen von Gott. Im Namen des Dreifaltigen, des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes beginnen wir unsere Gebete, beginnen wir die Gottesdienste und enden sie. Auf diesen Gott werden Kinder und Erwachsene getauft, werden die Sakramente gespendet und empfangen. Wir sagen, unser Gott ist kein menschengemachtes und auch kein menschenfremdes Wesen außerhalb aller Dinge, dessen Willkür und Machtgelüsten wir ausgeliefert sind. Der Name Gottes, unaussprechbar für sein Bundesvolk, nahe, erhaben und doch fremd. Und doch machen sie mit ihm verbundene Erfahrungen, deuten sie und erzählen Geschichten. Er ist ein „barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue“ (Ex 34,6). Gottes Nähe, Gottes Heil geht immer über den Augenblick hinaus. Das prägt die Geschichte Israels mit seinem Gott. Er hat den längeren Atem, er ist treu, auf ihn ist einfach Verlass. Das biblische Gottesbild ist also eines der sich öffnenden Nähe.
In der mittelalterlichen Kunst gibt es die Darstellung der sogenannten „Schreinmadonna“.
(Das eingefügte Bild – Quelle Wikipedia – zeigt eine solche Madonna aus dem Dominikanerkloster in Sejny in Polen.)
Die oft aus Holz geschnitzte und farblich reich gefasste Plastik stellt eine sitzende Marienfigur mit dem Jesuskind dar. Ihr Leib kann durch Türen geöffnet werden. Dann sieht man im Inneren der Marienfigur eine Abbildung des sogenannten Gnadenstuhles: Gottvater, der in seinem Schoß den Gekreuzigten hält und darüber der Hl. Geist in Gestalt einer Taube. Meist ist auf den Flügeln des Schreines im Inneren die Gemeinschaft der Glaubenden abgebildet. Das Ganze ist eine eindrucksvolle Darstellung dessen, was unser Glaube von Gott im Zusammenhang mit der Heilsgeschichte sagen will. Durch einen Menschen – Maria – wird Gott und sein Wirken sichtbar. Auf den ersten Blick bleibt er verborgen. Dann aber beginnt ein Prozess, der sich erschließt, indem er sich öffnet wie die Türen des Schreines, wie sich Gott mit dem Menschen verbindet. In Jesus tritt er ein in eine Schicksalsgemeinschaft mit dem Menschen im Leben und im Tod. Und diese Gemeinschaft wird besiegelt und geöffnet durch den Geist, der den Urgrund und inneren Zusammenhang der Gemeinschaft sichtbar macht: Die Fülle des Lebens in der Liebe Gottes in der Gemeinschaft der Kirche.
Gott lässt sich erfahren und finden in seinem Wirken. Das ist das Geheimnis der Dreifaltigkeit, die wir heute, eine Woche nach dem Pfingstfest, in besonderer Weise in den Mittelpunkt der Verehrung stellen. Wir wissen auch: Allzu oft bleibt Gott unserem ersten Blick verborgen. Wir müssen lernen, uns auf ihn einzulassen, um seine Kraft, sein Dasein zu erkennen. Oft werden wir wohl bei näherem Hinsehen auf unsere Lebensgeschichte sagen können: Ja, da war Gott ganz nahe. Da hatte er seine Hand im Spiel. Dennoch ist er nicht außerhalb unserer selbst als Menschen. In seiner Liebe hat er sich innig an und in den Menschen eingebunden: In Jesus wurde er selbst Teil des Menschen. So ist er im Menschen, wenn zwei Menschen zueinanderfinden und einander lieben. Er ist wirkend, wenn neues Leben entsteht. Selbst im Sterben erschließt sich in der Verbindung mit dem Tod und der Auferstehung Jesu das Geheimnis der Nähe Gottes.
Gottes Dreifaltigkeit – was vielen heute unverständlich erscheint, wird erfahrbar: Gott ist mit uns – durch Jesus Christus, in der Kraft des Heiligen Geistes. Er lässt sich erfahren und finden mit wachem, glaubendem, vertrauendem Herzen. Unser Glaube ist keine abstrakte oder wesensfremde Theorie. Das Fest des Gottes in den drei Personen sagt uns: Wir sind nach seinem Wesen und seiner Person. Wenn wir ihn suchen, finden wir uns selbst in ihm. Wir dürfen Gottes Freunde sein und Kinder seiner Liebe.
Der Priester und Dichter Andreas Knapp bringt diesen Zusammenhang wunderbar in einigen Versen in den Blick:
Bekenntnisfragen
glauben Sie
so wurde ich gefragt
an den lebendigen Gott
und ich antwortete
ich lebe davon
dass Gott an mich glaubt
und was halten Sie
von Jesus Christus
und ich antwortete
ich baue darauf
dass er mich hält
und was denken Sie
vom Heiligen Geist
und ich antwortete
dass er uns beide tief verbindet
mehr als wir uns denken können
(Andres Knapp, „Tiefer als das Meer“ – Gedichte zum Glauben, Würzburg, 2012/4.Aufl. , S.68)
Ich wünsche Ihnen den Segen des dreifaltigen Gottes und bleiben Sie behütet!
Ihr P. Guido