30. Sonntag im Jahreskreis – C – Sonntag der Weltmission
Sir 35,15b-17.20-22a; 2 Tim 4,6-8.16-18 u. Lk 18,9-14
Auch an diesem Sonntag beschäftigt sich die Botschaft des Evangeliums mit dem Thema Gebet. Die beiden Protagonisten der Geschichte, die Jesus erzählt, stehen betend vor Gott. Jeder von ihnen auf seine ganz besondere Art und Weise. Beide bringen zum Ausdruck wie sie von Gott als ihrem Gegenüber wahr- und angenommen werden wollen. In dem, „was“ und auch in dem „wie“ sie ihr Gespräch mit Gott führen, werden uns als der heutigen Gemeinde des Lukas so etwas wie Begegnungsmodelle für unser eigenes Sprechen mit Gott vor Augen gestellt.
Es ist unsere eigene Geschichte, die eigene Lebenserfahrung, die uns in das Geschehen hineinführen kann. Schon letzten Sonntag wurde es gesagt: Das Gebet ist Ausdruck des Glaubens. Anders gesagt: So wie man glaubt, so betet man auch. Genau dafür und zwar als extreme Kontrasterfahrung stehen die beiden, der Zöllner und der Pharisäer. Der Zöllner – vielleicht haben wir das Bild aus dem Kommunionunterricht oder aus der Schule noch vor Augen – der Zöllner, ein Sünder eben, keinen guten Leumund hat er, aber: Wir denken an den Zöllner Zachäus aus Jericho, der bei Jesus doch ganz gut wegkam, oder einen Matthäus, den er als Jünger berufen hat. Und der andere? Ein Pharisäer. Auch bei ihm sind wir schon vorgeprägt. Mir kommt da in den Sinn, dass ich bei einem Urlaub in Südtirol einmal ein Getränk hatte, das dort „Pharisäer“ genannt wird: Schwarzer Kaffee mit einem Kirschschnaps. Der Kaffee hat es in sich. Er sieht anders aus, als er tatsächlich ist. Spaß beiseite! Wenn wir Pharisäer hören, denken wir an Heuchler, an Falschheit, an übertünchte Gräber. Das wird im Evangelium auch so kolportiert. Dennoch habe ich bei beiden in der Form ihres Betens kein gutes Gefühl. Warum eigentlich? Beide führen vor Gott eine Art Selbstgespräch. Gut, der Zöllner weniger als der Pharisäer. Letzterer präsentiert sich Gott als frommer Prachtkerl mit seinen „Superleistungen“. Und der Zöllner? Nun, mir scheint, dass seine, verzeihen sie den Ausdruck, etwas kriecherische Demutsgeste im Grunde nicht wirklich einer freien Begegnung mit Gott entspricht. Doch bleiben wir nicht an den Äußerlichkeiten hängen. Das würde uns nur von uns selbst ablenken, denn es geht ja nicht um diese zwei Männer im Tempel, sondern um uns in der Geschichte Jesu. Wir haben hier keine moralische Wertung über den Zöllner oder auch den Pharisäer abzugeben. Ja, beide, so erzählt es Jesus, meinen es ernst mit ihrem Gebet. Und genau darin liegt die entscheidende Frage an uns: Der Pharisäer und der Zöllner stehen vor Gott. Wie stehe ich vor Gott? Wie stehst Du vor Gott? Darauf schauen wir mit Jesus. Es geht um die „Haltung“ im Gebet. Die „Haltung“ entscheidet über die Qualität des Dialogs mit Gott. Wie und was wir in unserem Gespräch mit Gott zum Ausdruck bringen, macht unsere „Haltung“ wie bei den beiden deutlich: Der Pharisäer präsentiert sich abgeschlossen. Er ist fertig. Er macht alles richtig. Er meldet Ansprüche an. Anders der Zöllner. Er ist offen. Demütig.
Wenn wir in der Rolle Gottes wären, so frage ich, wem würden wir uns lieber zuwenden?
Mir scheint hilfreich, was der Heilige Augustinus einmal in einer Predigt dazu sagte: „Es wird dir nicht gesagt: Sei etwas Kleiners, als du bist, sondern: Erkenne wer du bist und werde du selbst!“ (sermo 137,4.4). Die Haltung des Zöllners lädt Gottes Liebe und Barmherzigkeit zum Handeln ein. Und genau darum geht es: Dass Gott in seiner Liebe uns verwandelt, von unseren Fehlern und Sünden heilt und zum Besseren bringt.
Es wurde schon erwähnt: Gebet ist Ausdruck des Glaubens. In der Beispielgeschichte Jesu wird hier noch etwas deutlich. In seinem Gebet zählt der Pharisäer seine Verdienste auf. Damit können wir sagen: Für ihn bedeutet Glaube eine Leistung, für die er eine Gegenleistung erwartet. Sein Glaube ist schlicht eine Art Rechenexempel. Im Grunde ist das ein Widerspruch in sich! Glaube im Kontext von Beziehung, von Barmherzigkeit und Liebe, von Vertrauen und Freundschaft, und nur das ist im religiösen Sinn „Glaube“ hat absolut nichts mit einer Anmeldung oder Aufrechnung von Ansprüchen zu tun. Das ist uns aus unserer Erfahrungswelt der Beziehungen ja bekannt: Anmeldung oder Aufrechnung von „Ansprüchen“ oder „Erwar-tungen“ lässt echte Beziehung und Liebe gar nicht zu oder zerstört sie.
Gottes Liebe und Barmherzigkeit sind sein Geschenk an uns. Und weil wir von ihm so unendlich Großes empfangen, sind wir zur großherzigen Antwort herausgefordert. Er, Gott, hat uns allemal zuerst geliebt. Sonst gäbe es uns nicht. Die rechte Haltung vor Gott ist deshalb beides: Seine Liebe empfangen und selbst vorbehaltlos geben. So werden wir ihm näherkommen, mehr noch, so werden wir ihm ähnlich. Wir sollen den Weg in Gott hineinfinden, in ihn, der die Liebe selbst ist. Die angesprochene Haltung des Gebetes und damit auch des Glaubens im Sinne Jesu muss also eine echte und offene Begegnung mit Gott möglich machen. Nur eine solche Beziehung, die im Übrigen nicht von uns gemacht wird, sondern uns schon längst „gratis“ – „aus Gnade“ geschenkt ist – Gottes Geist ist in uns –, sie nimmt uns hinein in Gott und verwandelt uns. Sie öffnet den Weg zu einem gelingenden Leben, das in Gottes Ewigkeit führt.
Seien Sie so gesegnet und behütet!
Ihr P. Guido
An diesem Sonntag ist WELTMISSIONSSONNTAG. In diesem Jahr ist das Leitwort: Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen. Wir sind zum Gebet und zu Spenden für die Christen in Myanmar aufgerufen.
In unserem Kloster wird an diesem Sonntag unser am 17. September dieses Jahres gewählter Abt Ignatius Fritsch OCist durch die Abtweihe, die von Bischof Georg Bätzing im Auftrag unseres Generalabtes Mauro-Guiseppe Lepori OCist gespendet wird, für sein Amt gestärkt. Ich bitte um das fürbittende Gebet für unseren Abt und unsere Gemeinschaft und den ganzen Zisterzienser-Orden.















