Er wird euch mit dem Heiligen Geist und Feuer taufen.
Predigt Fest der Taufe des Herrn – C – Jes 42,5a.1-4.6-7; Apg 10,34-38 u. Lk 3,15-16.21-22
Und wieder begegnet uns Johannes der Täufer. Im Advent hörten wir schon in der Vorbereitung auf Weihnachten seinen Ruf zur Umkehr und seinen Hinweis auf den kommenden Herrn. Am Ende meiner Auslegung der Lukasbotschaft am dritten Adventsonntag wurde deutlich: Der erste und notwendige Schritt ist die Umkehr und Reinigung. Aber das reicht nicht aus. Dazukommen muss die Beseelung mit dem Heiligen Geist. Das, sagt Johannes, kann ich euch nicht geben. „Ich taufe mit Wasser“ sagt Johannes. Geistgabe, das muss ein anderer tun, ein Stärkerer als ich. Ich bereite ihm nur den Weg und weise auf ihn hin. „Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Lk 3,16c). Der zündende Funke dieses Feuers ist die Liebe Gottes, die sichtbar wird in der Menschwerdung Gottes in Jesus. Er wird zur Flamme, in der sich die Reinigung vollendet, in der alles, was das Leben hindert bis hin zum Tod, vernichtet wird. Und heute wird in den Worten des Lukas der Brennpunkt seiner Verkündigung ganz eindeutig auf die Person Jesu gerichtet.
Wenn wir das heutige Evangelium näher betrachten, dann fällt auf, dass Lukas eine Art Vergleich zwischen Johannes und Jesus aufzeigt, ohne sie wirklich gegenüberzustellen. Hier Johannes, der in der Selbstwahrnehmung sich bewusst zurücknimmt und das Ansinnen der Menschen, er könne der Christus, der Messias sein, zurückweist, und gleichzeitig den Blick auf Jesus richtet. Dort Jesus, mitten unter den Menschen, der sich wie die Menge zum Zeichen der Umkehr zu Gott selbst taufen lässt, der allerdings dann von Gott her eine besondere Bestätigung erfährt: Der Himmel öffnet sich – so beschreibt es Lukas –, da wird bildlich gesprochen das Funkloch zu Gott, die gestörte Verbindung zu Gott überwunden und ein besonderer Kanal geöffnet eine Verbindung wird geschaffen. Es ist eine Bildsprache, die anders nicht möglich scheint: Der Heilige Geist wird sichtbar und verbindet sich mit Jesus in Gestalt einer Taube, und hier endlich wird auch von göttlicher Seite gesprochen. In der innigen Anrede mit „Du“ heißt es: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“ (Lk 3,22b).
Dass Jesus sich in die Reihe derer stellt, die von Gott getrennt sind – die Sünder – und dass Gott trotzdem oder gerade deshalb sagt: DU BIST MEIN GELIEBTES KIND, das sagt uns, was Gott wirklich mit dem Menschen vorhat: Er will in Jesus einen neuen Weg zum Menschen und in ihm ebenso vom Menschen zu Gott aufzeigen. Den gab es vorher so nicht und es wird diesen Weg nur in Jesus geben! Die Identität und das Selbstbewusstsein Jesu sind absolut in der Beziehung zu Gott und dem Heiligen Geist verwurzelt. Deshalb wird Jesus, so wie es der Evangelist Johannes ausdrückt, mit Blick auf sich selbst sagen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6).
Mit Jesus ist „einer“ Teil unserer menschlichen Existenz geworden, der so ist, wie Gott es sich für den Menschen als seinen freien Partner erträumt. Ein Mensch, für den die Verbindung zu Gott das Wichtigste ist im Leben, der sein Leben mit und in Gott gestaltet und damit Raum schafft für Gott in der Welt, ein Mensch, der Gott nicht egoistisch für sich selbst missbraucht, sondern ihn in seinem Denken, Tun und Handeln als Liebe sichtbar macht.
Das Geschehen bei der Taufe Jesu durch Johannes ist so ein besonderes Zeichen für ihn selbst und gleichzeitig auch für uns: Gott sagt zu Jesus wie auch zu jedem, der getauft wird: Du bist als mein Kind hineingenommen in mein Herz, in meine Liebe. Du bekommst Kraft für den Weg durch dein Leben durch das Mit-Gehen Gottes im Heiligen Geist.
Der Himmel möge sich öffnen – dieser alte Wunsch aus der Zeit des Propheten Jesaja hat sich mit Jesus erfüllt. Egoismus, Misstrauen, Angst haben die Menschen von Gott getrennt. Nun, am Jordan, können es alle erfahren: Die Trennung ist aufgehoben. Gott wendet sich nicht ab. Er stellt sich in Jesus in die Reihe derer, die mit Gott verbunden sein wollen und sind. Der Himmel steht weit offen, der Kontakt zwischen Gott und Mensch ist wieder da. In Jesus. Einer von uns, und zugleich auf Gottes Seite. Er ist die Brücke, er macht den Neuanfang möglich.
Vor allem aber schenkt dieser Neuanfang mit Jesus eine neue Identität und damit ein neues Selbstbewusstsein, das nicht wir selbst schaffen, sondern das Gott selbst uns als seinen geliebten Kindern schenkt.
Der neue Blick auf sich selbst verändert auch den Blick auf die Mitmenschen und die Welt. Und das heißt: Respektiert einander, liebt einander, besonders die Kleinen und Schwachen. Lügt nicht, stehlt nicht, betrügt nicht, macht keinen Menschen zum Objekt der Gier. Lasst jedem seine Würde, achtet alle als Mitgeschöpfe Gottes. Und, wichtig: wendet keine Gewalt an im Namen Gottes, erst recht tötet nicht. Verzichtet vielmehr auf Macht und geht den Weg der Liebe, der auch ein Weg des Leidens sein kann und oft ist. Da ist Gottes Liebe besonders nahe. Seid euch bewusst, dass ihr auf diesem Weg, der der Weg Gottes im Gottes- und Menschensohn Jesus euer eigener Weg ist, die wahre Möglichkeit bietet, die Welt im Sinne Gottes zu vollenden.
Ich wünsche für Sie seine Gnade auf diesem Weg und bleibt behütet!
Ihr P. Guido